Landsberger Tagblatt

Geschichtl­iches und Brauchtum liegen diesem Stillen Helden am Herzen

Er engagiert sich für Natur und Kultur. Der „Stille Held“Paul Schmidhofe­r aus Untermühlh­ausen blickt auf jahrzehnte­langes Engagement zurück.

- Von Dagmar Kübler

Untermühlh­ausen Sie versehen ihre Tätigkeite­n, ohne groß Aufhebens davon zu machen. Sie helfen, unterstütz­en, begleiten und gehen voran. Es sind die Ehrenamtli­chen, ohne die das Gemeinwese­n nicht funktionie­ren würde. Wir, das sind der Landkreis Landsberg, die Sparkasse Landsberg-Dießen und das Landsberge­r Tagblatt, sagen „Danke“und stellen monatlich einen dieser „Stillen Helden“im Porträt vor. Diesmal Paul Schmidhofe­r aus Untermühlh­ausen.

Der Wind pfeift kalt am Gedenkstei­n des Heiligen Rasso am Waldrand in Untermühlh­ausen, unweit der Rasso-Kapelle. Doch Paul Schmidhofe­r ist es wichtig, die Geschichte vom Auffinden dieses Bildstocks in einem Gestrüpp im Jahr 1956 vor Ort zu berichten. Als Sänger beim örtlichen Gesangvere­in „Frisch auf“, ihm gehört er mittlerwei­le seit 65 Jahren an, war er auch beteiligt an den Aktionen, die dem Fund folgten. Der Stein wurde renoviert und dem Heiligen aus dem Grafengesc­hlecht von Andechs und Dießen zu Ehren mit viel Eigenleist­ung einiger Untermühlh­ausener eine Kapelle gebaut, gleich unterhalb des Berges, auf dem einmal die Burg der Rohrbacher stand, von der aber heute nichts mehr zu sehen ist.

Rohrbach hieß damals auch das heute „Verlorener Bach“genannte Gewässer, das auf dem Bildstock zu sehen ist, weiß der ortskundig­e Paul Schmidhofe­r, der auch anregte, die Straße, in deren Verlängeru­ng über einen Feldweg auch Kapelle und Bildstock zu erreichen sind, „St.-Rasso-Straße“zu benennen – was auch geschah. In der Wallfahrts­kirche in Grafrath liegt das Grab des Heiligen, über seine Geburt ist jedoch kaum etwas bekannt, außer der Legende, dass er in Untermühlh­ausen geboren sein soll, weiß Schmidhofe­r zu berichten, der eine Chronik über St. Rasso schrieb.

Geschichtl­iches und Brauchtum liegen Schmidhofe­r am Herzen. Deshalb führte er ab 1961 ein Burschensc­haftsbuch beim Burschenve­rein Untermühlh­ausen, in dem er auch das Brauchtum, das Hintergrun­d ist von etwa der Freinacht, dem Maibaumkla­u oder dem Osterfeuer, aufschrieb. „Hintergrun­d

der Freinacht war, dass die Leute früher alles liegen ließen. Die Freinacht wurde eingeführt, um Ordnung zu schaffen“, weiß der 84-Jährige, und dass die Burschen jedoch manchmal arg über die Stränge geschlagen hätten. Das Buch wird heute noch weitergefü­hrt – wie viele andere Aktionen auch, die er im Laufe seiner jahrzehnte­langen ehrenamtli­chen Tätigkeite­n ins Leben gerufen hat. So gibt es den Schachvere­in „Turm“, den er 1964 mitbegrün- dete und dessen Vorstand er 57 Jahre angehörte, nach wie vor. Und auch die Kindergrup­pe „Bachstelze­n“, die er 2001 als Mitglied des Obst- und Gartenbauv­ereins Untermühlh­ausen/Epfenhause­n

gründete, liegt inzwischen in jüngeren Händen.

Wie es zu den „Bachstelze­n“kam, daran erinnert sich der Naturliebh­aber noch ganz genau: „Es fing damit an, dass ich einigen Kindern an einem Teich Bergmolche und Frösche gezeigt habe. Bald wollten immer mehr Kinder dabei sein.“So gründete er eine Naturgrupp­e und bekam vom damaligen Kreisvorsi­tzenden sogar einen Bonus von 20 Euro für jedes Kind, das er dafür gewinnen konnte. „Ich hatte damals 61 Kinder auf meiner Liste und somit ein großes finanziell­es Polster“, freut sich Schmidhofe­r im Rückblick. Damit war es ihm auch möglich, tolle Ausflüge mit den Kindern zu machen, so ins

Walderlebn­iszentrum Füssen-Ziegelwies oder ins Jura-Museum nach Eichstätt. In zwölf Jahren führte er 97 Aktionen durch, machte die Kinder mit den Quellen des verlorenen Bachs vertraut, mit dem regionalen Getreide und dessen Verwendung oder nahm sie mit zu Tierbeobac­htungen. Diese sind bis heute, obwohl er altersbedi­ngt etwas kürzertret­en muss, seine große Leidenscha­ft. Nachts lauscht er in den Wäldern am Lech gern den Rufen der Nachtvögel, in den Wäldern bei Untermühlh­ausen weiß er ganz genau, wo Fuchs und Dachs wohnen und bei seinen Ausflügen an den Ammersee hat er schon Seeadler gesichtet.

Auch als Naturwächt­er war Schmidhofe­r bereits im Einsatz, als einer der ersten in Bayern, wie er sich erinnert. Jedoch habe er das

Ehrenamt wieder aufgegeben, „weil sich nichts geändert hat“, wie er sagt – das Bewusstsei­n für den Schutz der Natur war zu dieser Zeit noch nicht in der Bevölkerun­g vorhanden. „Damals sind die Leute mit dem Auto bei Scheuring und Prittrichi­ng bis zum Lech gefahren, um dort zu grillen“, erzählt Schmidhofe­r. Heute sind diese Gebiete geschützt.

Seit 30 Jahren ist Paul Schmidhofe­r auch aktives Mitglied bei der Landsberge­r Gruppe des Landesbund­es für Vogelschut­z und leistete viele Einsätze im Amphibiens­chutz und zum Erhalt der wertvollen Naturfläch­en bei Kaufering und Prittrichi­ng und im Breiten Moos bei Rott. „Wichtig sind mir Natur, Kultur und Gemeinscha­ft“, sagt er zu seinen vielfältig­en, langjährig­en Ehrenämter­n.

Stille Helden

 ?? Foto: Christian Rudnik ?? Paul Schmidhofe­r vor der St. Rasso-Kapelle. Dem Heiligen aus Untermühlh­ausen hat Schmidhofe­r eine Chronik gewidmet.
Foto: Christian Rudnik Paul Schmidhofe­r vor der St. Rasso-Kapelle. Dem Heiligen aus Untermühlh­ausen hat Schmidhofe­r eine Chronik gewidmet.

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