Unwetter: Union will Versicherung für alle Gebäude
Policen sollen verpflichtend Schäden durch Starkregen abdecken. Koalition ist uneins.
Angesichts der Zunahme von Überschwemmungen nach Starkregen fordern CDU und CSU die Einführung einer Pflichtversicherung für Schäden durch Naturkatastrophen. „Die Union im Bundestag schlägt vor, dass neue Wohngebäudeversicherungen verpflichtend nur noch mit einer Absicherung für Elementarschäden angeboten werden“, sagte der CSU-Verbraucherexperte Volker Ullrich unserer Redaktion. Versicherte müssten allerdings die Möglichkeit haben, diese Option abzuwählen, nachdem man sie über das Risiko belehrt habe, den Schaden selbst tragen zu müssen. Die Ministerpräsidentenkonferenz der Länder hat die Ampelregierung bereits zur Einführung einer solchen Pflichtpolice aufgefordert. SPD und Grüne stehen dem Vorhaben grundsätzlich offen gegenüber. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) ist dagegen.
Derzeit haben nur die Hälfte der Haus- und Wohnungseigentümer eine Wohngebäudeversicherung, die auch Elementarschäden abdeckt. Das Problem wird jedoch immer gravierender. Laut einer aktuellen Studie der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht stieg die Bruttobelastung für die Versicherer im Vergleich zu 2021 von 8,2 auf 9,4 Milliarden Euro.
Für die Union ist eine Pflichtversicherung mit Abwahlrecht schon deshalb erforderlich, weil in Gegenden mit einer hohen Belastung die Prämien exorbitant steigen könnten, „sodass Menschen möglicherweise darauf verzichten, diese Versicherung abzuschließen und gleichzeitig darauf vertrauen, dass der Staat im Schadensfall einspringt“, wie Ullrich erklärte. Damit müssten dann „letztlich alle Steuerzahler für individuelle Schadensereignisse eintreten“. Die Länder kritisieren das bisherige „zögerliche Vorgehen“der Bundesregierung. Ministerpräsidenten wie Daniel Günther aus SchleswigHolstein wollen verhindern, dass Betroffene „nach Hochwasserkatastrophen oder anderen Großschadensereignissen vor dem finanziellen Ruin stehen und die Schäden dann von der Solidargemeinschaft getragen werden müssen“.
Für die Grünen stehen die Prävention vor Naturkatastrophen und der Schutz der Menschen an erster Stelle. „Schließlich aber ist auch eine Versicherungspflicht für Elementarschäden ein wichtiges Puzzlestück“, sagte ihr Abgeordnete Lukas Benner. Der SPD-Politiker Johannes Fechner warb für den Blick auf Frankreich: „Die Franzosen sagen nämlich: Wir verpflichten die Versicherungsunternehmen, eine Elementarschadenversicherung mit jeder Wohngebäudeversicherung anzubieten.“
Aus Sicht von Justizminister Buschmann löst die Einführung einer Pflichtversicherung das Problem nicht, wie eine Sprecherin auf Anfrage erklärte. Sie würde lediglich zu mehr Bürokratie führen und das Wohnen in ganz Deutschland verteuern. Die Versicherungsbranche schätze, dass die Kosten je Einfamilienhaus bei 100 bis 2000 Euro jährlich liegen würden. „Ob Eigentümerinnen und Eigentümer ihre Wohngebäude gegen Elementarschäden versichern wollen, sollte deshalb grundsätzlich jeder für sich entscheiden dürfen.“Nur mit mehr Prävention werde es gelingen, Schadensfälle effektiv zu verhindern oder zu minimieren. „Hier sind gerade auch die Länder in der Pflicht.“Über das Ergebnis der Beratungen von Bund und Ländern wird laut Justizministerium beim nächsten Treffen der Ministerpräsidenten mit Kanzler Olaf Scholz am 20. Juni berichtet. Es dürfte angesichts der Gemengelage eine turbulente Sitzung werden.
„Nicht darauf vertrauen, dass der Staat einspringt.“
Volker Ullrich, CSU