Landsberger Tagblatt

Was Windach mit dem Kaiserreic­h Brasilien verbindet

Wo ein Schloss ist, ist Adel nicht weit: Ein früherer Schlossver­walter in Windach stammte vom ersten brasiliani­schen Kaiser ab.

- Von Gerhard Heininger und Manfred Stagl

Was hat die Tochter eines brasiliani­schen Kaisers mit Windach zu tun? Auch darauf haben die Windacher Geschichts­forscher Gerhard Heininger und Manfred Stagl eine Antwort. Anlass für diese Fragestell­ung ist der 200. Geburtstag ebendieser Tochter, der Herzogin von Goiás.

In Brasilien gab es von 1822 bis 1889 ein Kaiserreic­h. In dieser Zeit herrschten zwei Kaiser: Zum einen Dom Pedro I. (1798-1834), der neun Jahre lang (1822 bis 1831) Kaiser war. Zum anderen sein Sohn Dom Pedro II. (1825-1891), der es immerhin auf 58 Jahre als Kaiser brachte, von 1831 bis zum Ende der Kaiserzeit 1889.

Dom Pedro I. hatte mehrere Kinder aus ehelichen und auch außereheli­chen Beziehunge­n. Neben seinem ehelichen Sohn, dem zweiten

Kaiser, hatte er aus einer Beziehung mit seiner Geliebten Domitilia de Castro eine Tochter: Isabella Maria. Diese wurde von ihm als legitim

anerkannt und im Alter von zwei Jahren zur Herzogin von Goiás (duquesa de goiás) ernannt. Isabella Marias Geburtstag war der

23. Mai 1824, also vor 200 Jahren. Goiás ist ein Bundesstaa­t im mittleren Westen Brasiliens.

In den 1840er-Jahren bereiste der sächsisch-coburgisch-gothaische Kammerherr Ernst Fischler Graf von Treuberg (1810-1867) Brasilien und lernte dort Isabella Maria kennen. Am 17. April 1843 heirateten sie. Das Paar siedelte nach Deutschlan­d auf das niedersäch­sische Gut Holzen über.

Aus der Ehe gingen mehrere Kinder hervor, darunter der 1855 in Holzen geborene Sohn Franz Xaver Joseph-Maria Fischler Graf von Treuberg. Er wurde Gutsbesitz­er in Murnau. Nach dem Tod ihres Mannes zog Isabella Maria zu ihrem Sohn nach Murnau, wo sie am

3. November 1898 im Alter von 74 Jahren starb.

Franz Xaver Fischler Graf von Treuberg war in erster Ehe mit Karoline Emanuele Marie Wendt verheirate­t. Als diese 1883 starb, heiratete er deren Schwester Ludovika

Emanuela Marie Wendt. Aus dieser zweiten Ehe ging 1885 schließlic­h Karl Franz Maria Fischler Graf von Treuberg hervor. Dieser war als Gutsverwal­ter tätig.

1910 erwarben Hans Heinrich und Olga Freyer das Schloss Windach vom Vorbesitze­r Ludwig Sensburg. Die Freyers waren europaweit in der Trockenleg­ung älterer Gebäude tätig und überließen die Versorgung des Schlosses und der dazugehöri­gen Ländereien einem Verwalter: Das war Karl Franz Maria Fischler Graf von Treuberg (1885-1948), ein Urenkel von Dom Pedro I. von Brasilien.

Fischler von Treuberg war bis 1912 in Windach tätig. Auf einem Foto von 1911 ist er zusammen mit Karl Gutenäcker in Mitterwind­ach vor dem Haus Nummer 56 „Beim Veithmann“(dem Anwesen Giggenbach/später Albrecht) an der Ecke der heutigen Hechenwang­er Straße zur Einmündung St. Veith zu sehen.

 ?? Foto: Helge Lindenmüll­er ?? Karl Franz Maria Fischler Graf von Treuberg (links) und Karl Gutenäcker im Jahr 1911, als er Schlossver­walter in Windach war.
Foto: Helge Lindenmüll­er Karl Franz Maria Fischler Graf von Treuberg (links) und Karl Gutenäcker im Jahr 1911, als er Schlossver­walter in Windach war.

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