Islamisten-Terror bedroht Südwesten
40 Baden-Württemberger sind 2014 in den Krieg nach Syrien und in den Irak gereist
STUTTGART - Gewalttaten von islamistischen Terroristen sind die derzeit größte Bedrohung der Gesellschaft im Südwesten. Das erklärte Baden-Württembergs Innenminister Reinhold Gall (SPD) am Donnerstag bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichtes 2014 in Stuttgart.
Laut Verfassungsschutz üben die Kämpfe in Syrien und im Irak weiter eine hohe Anziehungskraft auf Islamisten aus. 2014 seien rund 40 Personen aus dem Südwesten in die Kriegsgebiete gereist, im Jahr zuvor hatte der Verfassungsschutz 15 gezählt. Viele von ihnen schließen sich islamistischen Gruppen wie dem Islamischen Staat (IS) an. Mindestens fünf Baden-Württemberger kamen in den Gebieten ums Leben. Insgesamt sollen 680 Menschen aus der Bundesrepublik in die „Dschihadgebiete“gefahren sein – aktuelle deutschlandweite Zahlen liegen derzeit nicht vor.
Gall geht davon aus, „dass die Reisebewegungen bis auf Weiteres anhalten werden“. Baden-Württemberg habe es bisher nur mit einer „niedrigen einstelligen Zahl“von Kriegsrückkehrern zu tun, sagte Gall. Einer von ihnen sitzt im Gefängnis.
Zehn junge Frauen im Dschihad
Dabei suchen offenbar nicht nur junge Männer das etwa von den Terroristen des IS in Propagandavideos versprochene Abenteuer. Unter den 40 ausgereisten Baden-Württembergern sind auch zehn junge Frauen. Diese seien mitunter von der „ro- mantischen Idee fasziniert“, einen „Mudschahid“zu heiraten, sagte Verfassungsschutzpräsidentin Beate Bube. Trotz dieser Zahlen möchte sie nicht von einer Massenbewegung sprechen. Man müsse jeden Einzelfall betrachten.
Ab Juli sollen beim baden-württembergischen Verfassungsschutz 15 neue Stellen zur Bekämpfung islamistischen Terrors besetzt werden. Derzeit beschäftigen sich 60 Beamte mit dem Thema internationaler Terrorismus. 3400 mutmaßliche Islamisten stehen in Baden-Württemberg unter Beobachtung. Von den etwa 550 Salafisten im Land hält der Verfassungsschutz 120 für gewaltbereit.
Weniger rechte und linke Gewalt
Während der Islamismus ein wachsendes Problem darstellt, konnte Innenminister Gall in anderen Extremismusbereichen Rückgänge vermelden: So sank die Zahl der registrierten linksextremen Gewalttaten im vergangenen Jahr auf 78 – im Vergleich zu 2013 ist dies ein Rückgang um etwa 40 Prozent. Auch die Zahl rechtsextremer Gewalttaten ging zurück: Die Polizei registrierte im vergangenen Jahr 23 Übergriffe, zwölf weniger als 2013. Die rechtsextremistische Parteienlandschaft sei von Stagnation und Zersplitterung geprägt.
Gleichwohl bereitet dem Verfassungsschutz das Auftreten rechtsextremer Hooligans etwa bei Pegidaund Hogesa-Demonstrationen und die Zunahme von Agitationen und Angriffen gegen Asylbewerberheime zunehmend Sorgen.