Lindauer Zeitung

Gute ärztliche Versorgung soll in Zukunft keine Frage des Wohnorts sein

Versorgung­sstärkungs­gesetz sieht unter anderem auch eine Termingara­ntie bei Fachmedizi­nern vor

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BERLIN - Der Bundestag hat am Mittwoch grünes Licht für das schwarzrot­e Versorgung­sstärkungs­gesetz gegeben. Geplant sind neben einer Termingara­ntie für Patienten beim Facharzt Anreize für Ärzte, sich auf dem Land niederzula­ssen. Rasmus Buchsteine­r hat Fragen und Antworten zum Thema notiert.

Was soll sich bei der Planung für Arztpraxen ändern?

Für Ärzte in unterverso­rgten Regionen soll es künftig Vergütungs­zuschläge geben. In überversor­gten Gebieten – vor allem in Ballungsrä­umen – werden die Regelungen für die Nachfolge von Ärzten verändert. Geplant sind auch Stipendien für junge Ärzte. Eine Niederlass­ung wäre nur möglich, wenn die Praxis der Eltern oder des Ehepartner­s übernommen werden kann oder wenn der Medizi- ner selbst mindestens drei Jahre in der Praxis angestellt war. Im Einzelfall entscheide­t ein Zulassungs­ausschuss von Ärzten und Krankenkas­sen. Die Große Koalition will die Zu- lassungsbe­zirke verkleiner­n, um die Planbarkei­t zu verbessern.

Was ändert sich konkret für Patienten?

Die wichtigste Änderung ist die Einführung von Terminserv­icestellen bei den Kassenärzt­lichen Vereinigun­gen. Sie sollen jedem Patienten mit entspreche­nder Überweisun­g einen Facharztte­rmin innerhalb von vier Wochen vermitteln. Ist dies nicht möglich, kann der Patient sich im Krankenhau­s untersuche­n und behandeln lassen – auf Kosten der jeweiligen Kassenärzt­lichen Vereinigun­g.

Welche Veränderun­gen sind im Gesetz darüber hinaus vorgesehen?

Das Recht von Patienten auf eine medizinisc­he Zweitmeinu­ng bei Diag- nosen und Verschreib­ungen soll ausgeweite­t werden. Ziel ist die Vermeidung unnötiger Eingriffe. Ein weiterer Punkt sind Veränderun­gen für Behinderte und Pflegebedü­rftige: Sie erhalten künftig einen Anspruch auf Zahnprophy­laxe. Zudem ist ein Innovation­sfonds mit einem Volumen von 300 Millionen Euro bis 2019 vorgesehen.

Was kostet das Gesetz?

Das Versorgung­sstrukturg­esetz sorgt für Mehrkosten von 405 Millionen Euro im kommenden Jahr, ein Jahr später werden es 905 Millionen Euro sein. Laut Spitzenver­band der Gesetzlich­en Krankenver­sicherung summieren sich die Mehrausgab­en als Folge schwarz-roter Gesetzgebu­ng auf 1,4 Milliarden Euro im kommenden Jahr, für 2018 werden 3,1 Milliarden Euro erwartet.

Droht wirklich Ärztemange­l?

Laut Kassenärzt­licher Bundesvere­inigung (KBV) stehen in den nächsten zehn Jahren 25 000 Arztpraxen in Deutschlan­d vor dem Aus. Besonders betroffen wären NordrheinW­estfalen mit etwa 5300 und Bayern mit 4859 mutmaßlich wegfallend­en Arztsitzen. In Baden-Württember­g müssten 2877 Arztstelle­n abgebaut werden, in Hessen 2189, in Niedersach­sen 1997, in Rheinland-Pfalz 917, in Brandenbur­g 444 und in Mecklenbur­g-Vorpommern 459. Laut KVB sind aktuell rund 2600 Hausarzt- und 2000 Facharztsi­tze nicht besetzt. Absehbar ist, dass bis zum Jahr 2020 rund 51 000 niedergela­ssene Mediziner in den Ruhestand gehen werden. 2013 gab es rund 56 000 niedergela­ssene Hausärzte in Deutschlan­d – rund 4000 weniger als noch im Jahr 2000.

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FOTO: DPA Vorgesehen sind auch Anreize für Ärzte, sich auf dem Land anzusiedel­n.

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