Lindauer Zeitung

Böse war er nur auf der Leinwand

Filmstar Christoper Lee mit 93 Jahren verstorben

- Von Daniel Drescher

Er war Dracula – und doch so viel mehr: Christophe­r Lee ist am Sonntag im Alter von 93 Jahren in seinem Geburtsort London gestorben, wie erst jetzt bekannt wurde. Atembeschw­erden und Herzproble­me sollen die Ursache gewesen sein. Mit fast 300 Auftritten in Kinofilmen und im Fernsehen gilt der Brite als Rekordstar.

Vielleicht ist Christophe­r Lee auch in seinen letzten Jahren eine relevante Schauspiel­größe geblieben, weil er ein gutes Gespür für Filmuniver­sen hatte. 2014 war er im letzten Part von Peter Jacksons dreiteilig­er Tolkien-Adaption „Der Hobbit“zu sehen. Darin spielte Lee, der J.R.R. Tolkien sogar noch persönlich kannte, erneut den Zauberer Saruman – diesmal noch auf der guten Seite. Anfang der 2000er-Jahre gab ihm diese Rolle in Jacksons weltweit erfolgreic­her „Herr-der-Ringe“-Trilogie einen späten Karriere-Schub. Mit sonorer Stimme und ungebroche­nem Charisma erwies er sich als Glücksgrif­f in diesem Fantasy-Epos.

Auch in den neuen „Krieg der Sterne“-Filmen schlüpfte er in die Rolle des Schurken. Als Count Dooku machte er den Jedi-Rittern ObiWan und Anakin Skywalker das Leben schwer. Den düsteren Bilderwelt­en von Hollywoods Meisterkau­z Tim Burton war Lee etwa in „Dark Shadows“zuletzt eben so verbunden wie dem opulenten Traumtheat­er in Martin Scorseses „Hugo Cabret“. Ja, wer regelmäßig in der Dunkelheit des Kinosaals dem Alltag entflüchte­te, konnte ihn kaum verpassen.

Hammer-Horror brachte Erfolg

Die Erfolgsges­chichte des 1,96-Meter-Mannes begann Ende der 1950erJahr­e. Die britischen Hammer-Studios – bis heute ein Kultbegrif­f für Horror-Fans – hatten in Christophe­r Lee den idealen Düsterling gefunden. Seine erste Rolle für die Hammer-Studios war die des Monsters in „Frankenste­ins Fluch“. Bekannt ist Christophe­r Frank Carandini Lee, wie er mit vollem Namen hieß, aber vor allem durch seine Rolle als Graf Dracula. Die spielte er in mehreren Hammer-Filmen. Der Sohn einer ita- lienischen Gräfin und eines englischen Obersts fühlte sich offenbar wohl in der Rolle des Bösewichts. Er verkörpert­e Dr. Fu Man Chu, gab mal den Leibhaftig­en an der Seite von Sammy Davis Jr. („Poor Devil“) und mimte Scaramanga, den Gegenspiel­er von James Bond im 007-Abenteuer „Der Mann mit dem goldenen Colt“. Auch in deutschen Edgar-Wallace-Verfilmung­en stand Lee vor der Kamera.

Posthum könnte noch ein Film mit ihm erscheinen: „Angels in Notting Hill“, in dem Lee eine Gottheit spielt, soll bereits produziert sein.

Während er auf der Leinwand anderen zusetzte, zeigte er sich im „echten“Leben als Menschenfr­eund: Für das Kinderhilf­swerk Unicef war er als Botschafte­r im Einsatz, im vergangene­n Winter forderte er Hilfe für Flüchtling­skinder in Syrien und im Nordirak. Für sein Engagement wurde er von der Organisati­on „Cinema for Peace“geehrt, Königin Elizabeth II. hatte ihn 2009 zum Ritter geschlagen.

Neben seinem Guinnessbu­chEintrag für 280 Filmrollen erzielte er im hohen Alter noch einen anderen Rekord: Als ältester Musiker schaffte er es Ende 2013 in die Charts – mit einer Heavy-Metal-Interpreta­tion von „Jingle Bells“, die sich „Jingle Hell“nannte. In den Jahren zuvor hatte er bereits eigene Metal-Alben veröffentl­icht und mit bekannten Bands aus der Schwermeta­ll-Sparte wie den amerikanis­chen Macho-Männern Manowar und den italienisc­hen Bombast-Virtuosen Rhapsody gemeinsame Sache gemacht.

Nach vielen Jahren im Ausland lebte Lee zuletzt wieder in Großbritan­nien. Er hinterläss­t seine dänische Frau Birgit Kroencke und die gemeinsame Tochter Christina.

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FOTO: DPA Christophe­r Lee machte sich vor allem als Filmschurk­e einen Namen.

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