Lindauer Zeitung

Kaffeetrin­ken beim König von Mallorca

Themencafé­s statt Ballermann – Beliebte Lokale auf der Lieblingsi­nsel der Deutschen

- Von Hans-Werner Rodrian

er König steigt aus seinem weißen Cabrio. Sofort wird er umringt von Fans. Vor Kurzem erst ist der König von Mallorca 70 geworden, aber immer noch trägt er braune Wuschelmäh­ne und ein lässiges, pyjamaähnl­iches Ensemble. Ganz klar: Da steht Jürgen Drews auf Mallorca – leibhaftig. Jeden Montag Punkt 15 Uhr hält der Schlagersä­nger („Ein Bett im Kornfeld“) Hof im eigenen Café, dem „Kultbistro“in Santa Ponca. Als er das Lokal vor ein paar Jahren eröffnete, läutete Drews einen Trend ein: Fan-Kult mit Gulaschsup­pe und Chefsalat. Unter der Woche zeigt das Kultbistro alle Bundesliga­spiele live, ein Geschäftsf­ührer serviert Café con leche und Cocktails wie „Blonder Engel“. Aber einmal in der Woche kommt Jürgen selbst. Und dann ist der Laden brechend voll.

Jetzt hat keiner mehr Augen für die Devotional­ien im Lokal: Der Königsmant­el mit dem Hermelinbe­hang und der Krone hängt unbeachtet an der Decke. Ebenso die vielen Fotos: Jürgen als Fußballer, Jürgen als Pinup-Boy für die Bravo, Jürgens Hochzeit in Venedig. Alle Gäste sind voller Erwartung: Best-Ager-Damen mit Pudel im Arm genauso wie Ruhrpott-Twens auf dem Retro-Trip.

Schon eine Stunde zuvor hat Geschäftsf­ührer Maurice Gritzmache­r die Stimmung angeheizt: Er hat die alten Scheiben aufgelegt, und zwischendu­rch lässt er schon mal alle klatschen. Jetzt, wo Jürgen wirklich da ist, weiß der natürlich, was zu tun ist: Lächeln, Hunderte Hände schütteln, Stammgäste begrüßen. So kämpft er sich vor auf die winzige Bühne und gibt ein 20-Minuten-Mini-Konzert. Mehr, so verspricht der Profi, gebe es abends an der Playa de Palma: Da tritt er jede Dienstagna­cht um zwei im Riu Palace auf.

Während der König wieder aufbricht, um noch eine Mütze Schlaf zu holen vor dem nächtliche­n Auftritt, trotten die Schlagerfa­ns weiter. Viele von ihnen spazieren gleich in die nächste Straße: Da wartet bereits das nächste Themencafé. An der Promenade von Santa Ponca lässt TV-Blondine Daniela Katzenberg­er seit 2013 ihr „Café Katzenberg­er“betreiben.

Obstsalat und Serranosch­inken

„Das blondeste Café der Welt“steht in großen Lettern über dem Etablissem­ent. Es ist aber alles eher sehr rosa. Die „Katze“selbst ist nur selten da, doch die wenigsten Gäste haben anderes erwartet: Jeder stellt sich brav erst mal neben Daniela als Pappkamera­din und lässt sich von Freunden ablichten. Dann bestellt man sich eine „Strawberry Caipi“und bewundert die ebenso blonden Kellnerinn­en, wie sie die Bestellung per iPhone weitergebe­n.

In Vitrinen präsentier­t die „Katze“ihre Souvenirs: Schlüsselb­unde, Buttons, Armbänder – alles in rosa. Insgesamt macht die TV-Blondine weniger Show als Schlagerkö­nig Jürgen, aber der Obstsalat ist frisch und der Serranosch­inken auch besser, stellt fachmännis­ch die Fangruppe aus Bielefeld fest.

Wer ein Café auf Mallorca betreibt, hat viel Konkurrenz. PromiUnter­stützung kann da nicht schaden. Das dachten sich auch die Betreiber im Nachbarort Paguera. Seit drei Jahren gibt es dort das TV-Lokal „Café Sturm der Liebe“. Laut Eigenwerbu­ng ein „Café im Stil der origi- nal Piano Bar aus der Erfolgsser­ie“. Und tatsächlic­h: Zwischen lebensgroß­en Pappfigure­n und gediegenen Sofasessel­n servieren Kellnerinn­en mit Spitzensch­ürzchen wie im Fürstenhof der Sendung gewaltige Sahnetorte­n und natürlich den „Cocktail Fürstenhof Royal“.

Der tägliche Höhepunkt ist natürlich das gemeinsame Kaffeetrin­ken und „Sturm-der-Liebe“-Schauen zum Sendetermi­n der Telenovela um 15.10 Uhr. Wer früher oder später kommt, der muss sich aber nicht grämen. Dann werden eben Wiederholu­ngen gezeigt – auch sonntags um elf Uhr beim großen Brunch. Und mindestens einmal im Monat lässt die TV-Produktion­sfirma aktuelle oder ehemalige Darsteller für eine Autogramms­tunde vorbeischa­uen. Für die gibt es vermutlich auch schlimmere Termine, als auf Mallorca Kaffee zu trinken und sich dabei bewundern zu lassen.

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FOTOS: SRT Die Fans warten schon: Jürgen Drews lässt sich regelmäßig in seinem „Kultbistro“in Santa Ponca blicken.
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Nicht von Pappe? Doch. Die „Katze“ist selten leibhaftig anzutreffe­n.

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