Stadt Lindau warnt vor falscher Info-Broschüre
Verlag aus Andernach versucht Kunden zu unübersichtlichen Anzeigengeschäften zu bewegen
LINDAU - Die Stadt Lindau distanziert sich von den Aktivitäten eines Verlags für Mediengestaltung aus Andernach. Dieser ruft Lindauer Geschäftsleute an und bietet ihnen Anzeigen in einer Bürgerinformationsbroschüre an. Dabei erweckt er nach nach Einschätzung der Stadt den Eindruck, es handle sich um eine Neuauflage der Bürger-Info der Stadt Lindau. „Dies ist nicht der Fall“, warnt Birgit Russ vom Hauptamt.
„Wir weisen darauf hin, dass die im Jahr 2012 erschienene Neuauflage der städtischen Bürgerbroschüre „Leben in Lindau - Bürgerinformation“abgerechnet ist und derzeit für die inserierenden Firmen keinerlei Zahlungsverpflichtungen bestehen. Bis zur Neuauflage im kommenden Jahr fallen für die inserierenden Firmen keine Kosten an“, stellt Russ klar.
Petra Schwickert, Geschäftsführerin des Andernacher Verlags, tritt der Darstellung der Stadt entgegen. „Wir haben nie behauptet, dass wir im Auftrag der Stadt arbeiten“, sagt sie. Sie verweist auch auf einen entsprechenden Vermerk auf dem Anzeigenauftrag, den die Kunden per Fax bekommen. Dort steht unter dem Briefkopf „Behördenunabhängig – ohne öffentlichen Auftrag“.
Kunden, die dies in dem Telefonat anders verstanden haben, bescheinigt Schwickert, dass sie halt nicht richtig zuhören könnten. Und wörtlich weiter: „Die sollten da mal ein Seminar machen.“
Zu den Kunden, die nach Schwickerts Aussage ein solches Seminar notwendig haben, gehört dann wohl Susanne Steinacher. Sie ist bei der Asklepios-Klinik in Lindau für Marketing zuständig. Sie schildert den Kontakt mit dem Verlag so: „Mich hat ein Herr Müller angerufen und gesagt, es handele sich um die Informationsbroschüre der Stadt für die Neubürger. Ob wir wieder Interesse hätten, zu inserieren.“
Steinacher zeigte Interesse und bekam kurz darauf ein Fax. Dort war eine gestaltete Anzeige, die in dieser Form von der Asklepios-Klinik veröffentlicht worden war, als Korrekturabzug eingefügt. Hier las Stein- acher dann, dass der Verlag wohl doch nicht im Auftrag der Stadt handelt.
Verlagsleiterin droht LZ Klage an und legt auf
Damit konfrontiert, erklärt Schwickert zunächst, sie werde die LZ verklagen, wenn ein entsprechender Artikel erscheine und bricht das Gespräch ab. Bei einem zweiten Anruf, erklärt sie nur noch: „Ich rede nicht mit Ihnen“und knallt den Hörer wieder auf. Eine ähnliche Erfahrung hat auch ein Mitarbeiter der Neuen Osnabrücker Zeitung gemacht, als er 2012 zum Auftreten des Verlags in Westerkappeln, einer kleinen Gemeinde in der Nähe von Osnabrück, recherchierte.
Das Vorgehen des Verlags scheint Methode zu haben. Wer im Internet recherchiert, begibt sich auf eine kleine Deutschlandtour. In Buxtehude, Enger oder Ludwigshafen war der Verlag mit dieser Masche oder ähnlichen Maschen unterwegs. Der Rechtsanwalt Wolf-Dieter Czap aus Hirschaid hat seit 2009 Mandanten in 23 ähnlich gelagerten Fällen ver- treten.
Seine Einschätzung: „Ich habe den Eindruck, dass bei der telefonischen Kontaktaufnahme zumindest suggeriert wird, der Verlag handle im Auftrag der Kommunen. Dieses Missverständnis soll wohl provoziert werden.“Er weist auch noch auf einen anderen Pferdefuß hin. Denn der endgültige Preis für den Anzeigenauftrag ist nirgendwo genannt.
Zwar bekommen die Kunden ein Angebot für eine einmalige Veröffentlichung. Doch läuft der Vertrag zwei Jahre. Im Kleingedruckten steht dann noch, dass der Verlag mehrere Auflagen in diesen zwei Jahren herausbringt. Da kann dann aus einem Auftrag über 400 Euro schnell das Achtfache werden. Seine Kollegin, die Rechtsanwältin Cornelia Kroll in Kleve, hat ähnliche Erfahrungen gemacht. Auch sie vertritt einen Mandanten gegen den Verlag. Auch in anderen Städten gibt es Gerichtsverfahren gegen den Verlag. Das nächste steht im Juli in Lübeck an.
Ob und wie die Broschüren verteilt werden, ist ebenfalls unklar. Angeblich versendet der Verlag sie per Post. Doch ob sie dann beim Adressaten auch ausgelegt werden, ist unklar. Czap bezweifelt sogar, dass sie überhaupt versendet werden.
Russ verweist auf Schreiben der Stadt
Russ stellt noch einmal klar: „In unserem Auftrag handelt der Verlag nicht. Die Neuauflage unserer Broschüre kommt im nächsten Jahr heraus.“Sie betont: „Die von uns beauftragte Agentur hat dann auch ein Beglaubigungsschreiben der Stadt.“
Das Gebaren der Verlags für Mediengestaltung ist kein Einzelfall, wie beispielsweise Ingrid Fleer, Presesprecherin der Stadt Enger, erzähltt: „Wann immer eine Neuauflage unserer Bürgerinformationsbroschüre ansteht, gibt es Trittbrettfahrer.“