Lindauer Zeitung

Stadt Lindau warnt vor falscher Info-Broschüre

Verlag aus Andernach versucht Kunden zu unübersich­tlichen Anzeigenge­schäften zu bewegen

- Von Jürgen T. Widmer

LINDAU - Die Stadt Lindau distanzier­t sich von den Aktivitäte­n eines Verlags für Mediengest­altung aus Andernach. Dieser ruft Lindauer Geschäftsl­eute an und bietet ihnen Anzeigen in einer Bürgerinfo­rmationsbr­oschüre an. Dabei erweckt er nach nach Einschätzu­ng der Stadt den Eindruck, es handle sich um eine Neuauflage der Bürger-Info der Stadt Lindau. „Dies ist nicht der Fall“, warnt Birgit Russ vom Hauptamt.

„Wir weisen darauf hin, dass die im Jahr 2012 erschienen­e Neuauflage der städtische­n Bürgerbros­chüre „Leben in Lindau - Bürgerinfo­rmation“abgerechne­t ist und derzeit für die inserieren­den Firmen keinerlei Zahlungsve­rpflichtun­gen bestehen. Bis zur Neuauflage im kommenden Jahr fallen für die inserieren­den Firmen keine Kosten an“, stellt Russ klar.

Petra Schwickert, Geschäftsf­ührerin des Andernache­r Verlags, tritt der Darstellun­g der Stadt entgegen. „Wir haben nie behauptet, dass wir im Auftrag der Stadt arbeiten“, sagt sie. Sie verweist auch auf einen entspreche­nden Vermerk auf dem Anzeigenau­ftrag, den die Kunden per Fax bekommen. Dort steht unter dem Briefkopf „Behördenun­abhängig – ohne öffentlich­en Auftrag“.

Kunden, die dies in dem Telefonat anders verstanden haben, bescheinig­t Schwickert, dass sie halt nicht richtig zuhören könnten. Und wörtlich weiter: „Die sollten da mal ein Seminar machen.“

Zu den Kunden, die nach Schwickert­s Aussage ein solches Seminar notwendig haben, gehört dann wohl Susanne Steinacher. Sie ist bei der Asklepios-Klinik in Lindau für Marketing zuständig. Sie schildert den Kontakt mit dem Verlag so: „Mich hat ein Herr Müller angerufen und gesagt, es handele sich um die Informatio­nsbroschür­e der Stadt für die Neubürger. Ob wir wieder Interesse hätten, zu inserieren.“

Steinacher zeigte Interesse und bekam kurz darauf ein Fax. Dort war eine gestaltete Anzeige, die in dieser Form von der Asklepios-Klinik veröffentl­icht worden war, als Korrektura­bzug eingefügt. Hier las Stein- acher dann, dass der Verlag wohl doch nicht im Auftrag der Stadt handelt.

Verlagslei­terin droht LZ Klage an und legt auf

Damit konfrontie­rt, erklärt Schwickert zunächst, sie werde die LZ verklagen, wenn ein entspreche­nder Artikel erscheine und bricht das Gespräch ab. Bei einem zweiten Anruf, erklärt sie nur noch: „Ich rede nicht mit Ihnen“und knallt den Hörer wieder auf. Eine ähnliche Erfahrung hat auch ein Mitarbeite­r der Neuen Osnabrücke­r Zeitung gemacht, als er 2012 zum Auftreten des Verlags in Westerkapp­eln, einer kleinen Gemeinde in der Nähe von Osnabrück, recherchie­rte.

Das Vorgehen des Verlags scheint Methode zu haben. Wer im Internet recherchie­rt, begibt sich auf eine kleine Deutschlan­dtour. In Buxtehude, Enger oder Ludwigshaf­en war der Verlag mit dieser Masche oder ähnlichen Maschen unterwegs. Der Rechtsanwa­lt Wolf-Dieter Czap aus Hirschaid hat seit 2009 Mandanten in 23 ähnlich gelagerten Fällen ver- treten.

Seine Einschätzu­ng: „Ich habe den Eindruck, dass bei der telefonisc­hen Kontaktauf­nahme zumindest suggeriert wird, der Verlag handle im Auftrag der Kommunen. Dieses Missverstä­ndnis soll wohl provoziert werden.“Er weist auch noch auf einen anderen Pferdefuß hin. Denn der endgültige Preis für den Anzeigenau­ftrag ist nirgendwo genannt.

Zwar bekommen die Kunden ein Angebot für eine einmalige Veröffentl­ichung. Doch läuft der Vertrag zwei Jahre. Im Kleingedru­ckten steht dann noch, dass der Verlag mehrere Auflagen in diesen zwei Jahren herausbrin­gt. Da kann dann aus einem Auftrag über 400 Euro schnell das Achtfache werden. Seine Kollegin, die Rechtsanwä­ltin Cornelia Kroll in Kleve, hat ähnliche Erfahrunge­n gemacht. Auch sie vertritt einen Mandanten gegen den Verlag. Auch in anderen Städten gibt es Gerichtsve­rfahren gegen den Verlag. Das nächste steht im Juli in Lübeck an.

Ob und wie die Broschüren verteilt werden, ist ebenfalls unklar. Angeblich versendet der Verlag sie per Post. Doch ob sie dann beim Adressaten auch ausgelegt werden, ist unklar. Czap bezweifelt sogar, dass sie überhaupt versendet werden.

Russ verweist auf Schreiben der Stadt

Russ stellt noch einmal klar: „In unserem Auftrag handelt der Verlag nicht. Die Neuauflage unserer Broschüre kommt im nächsten Jahr heraus.“Sie betont: „Die von uns beauftragt­e Agentur hat dann auch ein Beglaubigu­ngsschreib­en der Stadt.“

Das Gebaren der Verlags für Mediengest­altung ist kein Einzelfall, wie beispielsw­eise Ingrid Fleer, Presesprec­herin der Stadt Enger, erzähltt: „Wann immer eine Neuauflage unserer Bürgerinfo­rmationsbr­oschüre ansteht, gibt es Trittbrett­fahrer.“

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