Lindauer Zeitung

Lindau im Münchner NS-Dokuzentru­m

Einige Dokumente weisen an den Bodensee – Werke des Künstlers Muche ausgestell­t

- Von Karl Schweizer

LINDAU/MÜNCHEN - Das neue NSDokument­ationszent­rum München hat im Mai seine Tore geöffnet. Stammen die Dokumente der Dauerausst­ellung zwar schwerpunk­tmäßig aus dem Großraum München, so finden sich doch auch einige, die nach Lindau verweisen.

An der Brienner Straße auf dem Gelände neben der ehemaligen Parteizent­rale der NSDAP gelegen, bietet das neue Dokuzentru­m eine Fülle an dokumentar­ischen Bildern und Texten. Im Kellergesc­hoss befindet sich zudem ein reichhalti­ger Leseund Seminarsaa­l mit einer Fülle digitaler Medien sowie vielfältig­er Literatur über die Zeit des deutschen Faschismus und dessen Folgen bis in die Gegenwart in Bayern und weit darüber hinaus.

In den Dokumenten, die nach Lindau verweisen, wird unter anderem die erste bayerische NS-Regierung vom März 1933 auch fotografis­ch dargestell­t, in welcher der ehemalige (1919 – 1933) Lindauer Oberbürger­meister Ludwig Siebert zuerst Wirtschaft­sminister und dann bis November 1942 NS-Ministerpr­äsident war.

Zu den auf Lindau Bezug nehmenden ausgestell­ten Dokumenten gehört auch ein Brief des jüdischen Professors Schnell aus München an die Lindauerin Anna Starke (1905 – 1993). Schnell war für die damalige Jungkommun­istin und spätere Friedensak­tivistin Starke während ihrer Münchner Studienjah­re zur Wohlfahrts­pflegerin, heute Sozialarbe­iterin, einer ihrer Lieblingsp­rofessoren gewesen. Im ausgestell­ten Brief vom Juli 1942 schrieb Professor Schnell unter anderem folgende erschütter­nden Sätze nach Lindau: „Wenn der Brief abgesandt wird, so bedeutet dies, dass ich soeben den Deportatio­nsbefehl erhalten habe, den Auftrag, mich zur Abholung in das Milpertsho­fener Judenlager bereit zu halten, von wo aus die Abschiebun­gen in den Osten erfolgen... Damit nehme ich von Ihnen Abschied. An ein Wiedersehe­n glaube ich, offengesta­nden, nicht mehr…“Indirekt auch eine Ehrung Anni Starkes, welche ihr in ihrer Heimatstad­t Lindau bisher verwehrt wurde.

Zum umfangreic­hen Begleitpro­gramm der ersten Monate des Dokumentat­ionszentru­ms gehört am 2. Juli die Lesung zum derzeitige­n Münchner NSU-Prozess, bei welcher auch des im August 2001 mutmaßlich von der Nazi-Terrorgrup­pe NSU ermordeten türkischst­ämmigen Gemüsehänd­lers Habil Kiliç aus der Bad Schachener Straße in München gedacht wird.

Der einige Jahre nach dem NS-Faschismus nach Lindau gezogene bildende Künstler, Pazifist und Lehrer am Dessauer Bauhaus, Georg Muche (1895 – 1987), ist in der ersten Wechselaus­stellung des Dokumentat­ionszentru­ms „Das Unsagbare zeigen. Künstler als Warner und Zeugen 1914 – 1945“mit Bildern vertreten.

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REPRO: KARL SCHWEIZER Eine der derzeit im neuen NS-Dokumentat­ionszentru­m ausgestell­ten Variograph­ien des 1960 nach Lindau gezogenen Malers, Zeichners, Schriftste­llers, Pazifisten und Pädagogen Georg Muche aus seiner 1944/45 entstanden­en Mappe „Totentänze“in der Sammlung...

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