Brennnessel-Schnitzel und Gundermann-Eis
Betha Grath aus Stiefenhofen kocht aus vielem, was derzeit vor der Haustür wächst, ein Vier-Gänge-Menü
STIEFENHOFEN - Bertha Garth steht im kniehohen Gras hinter dem Stallgebäude, in der Hand hält sie einen Strauß mit Brennnesseln. Mit bloßen Händen pflückt sie weitere Stängel. Tut das nicht weh? Die Kräuterbäuerin aus Stiefenhofen (Westallgäu) schüttelt den Kopf. „Wenn man die Pflanzen richtig anfasst, tun sie einem nichts.“Die 57-Jährige will daraus BrennnesselSchnitzel machen – der Hauptgang in einem VierGänge-Wildkräuter-Menü, das Grath für die Allgäuer Zeitung kocht. Denn zurzeit wächst schon einiges vor der Haustür, was direkt in den Kochtopf wandern kann. Als Vorspeise gibt es daher bei Betha Grath einen Wildkräutersalat und einen grünen Krafttrunk. Eine Wiesenbärenklau-Suppe folgt. Der Nachtisch ist ein Gundermann-Eis.
Nicht bloß Unkraut ...
Doch dafür heißt es erst einmal Kräuter sammeln. Und das macht Grath überall um ihren Bauernhof herum. „Es ist nicht bloß Unkraut, was ums Haus herum wächst“, sagt sie. In der Nähe des Hühnergeheges pflückt sie junge Löwenzahnblätter und etwas frischen Spitzwegerich. Dann sucht sie nach Blättern des Wiesenbärenklau. „Den kann man in der Suppe wie Rhabarber verwenden“, sagt sie und pflückt zwei kräftige Stängel. Die Pflanze darf man auf keinen Fall mit seinem giftigen Verwandten, dem Riesenbärenklau, verwechseln, erklärt Grath. Die ungiftige Variante allerdings wirke erfrischend und belebend.
Die Brennnesseln für das Schnitzel wachsen hinterm Stall. „Brenn- nesseln sind laut der heiligen Hildegard für die Verdauung das Beste, was es gibt“, sagt Grath. Die Pflanze reinigt auch den Körper und das Blut und wirkt stark entwässernd. „Sie ist eine Pflanze für alles“, sagt Grath. Die Wurzel hilft zum Beispiel bei Prostataleiden und in den Wechseljahren. In das kleine Körbchen wandern noch Giersch, Hopfensprossen, Rucola, weiße Melisse, Gänseblümchen, Vogelmiere, Labkraut und Dost. Gundermann kommt dazu und Beifuß. Letzterer bringt Bewegung in den ganzen Körper, erklärt die Kräuterbäuerin. Der Gundermann ist ein Ersatz für Petersilie und wirkt entschleimend. Giersch hilft bei Gicht und Rheuma, sagt Grath. „Er hat den höchsten Mineralgehalt von allen Kräutern.“
Allgemein sind die Kräuter reich an Vitamin C und A, an Mineralien wie Eisen und Magnesium sowie an Gerb- und Bitterstoffen, die „jedem Organ einen Impuls geben“. Mit den gesammelten Pflanzen kehrt Grath in ihre Küche zurück. Sie werden
teils gehackt, teils püriert. Mit den Kräutern zu kochen findet sie nicht nur gesund, sondern auch schmackhaft – und preisgünstig. Schließlich wachsen die Pflanzen in den Wiesen, im Wald und oft vor dem eigenen Haus.
Mit einem Krafttrunk, der nach Apfelsaft und Kokosmilch schmeckt und leicht bitter von den Kräutern ist, startet Grath. In der Suppe schwimmen kleine Stücke des Wiesenbärenklaus. Sie schmeckt so kräftig, dass man am liebsten den Teller ausschlecken würde. Ähnlich ergeht es einem mit den vegetarischen Brennnessel-Schnitzeln. Sie werden mit einem Kräuterdip und Karotten garniert. Als Dessert gibt es das Gundermann-Eis. Die Süße von Banane, Apfel und Sahne vermischt sich mit einem leichten Bitteraroma des Gundermanns zu einem erfrischenden Sommerdessert.