Lindauer Zeitung

Macht Schweinste­iger den Abflug?

Nach der Niederlage gegen die USA heizt der DFB-Kapitän die Wechselger­üchte selbst an

- Von Jochen Schlosser

ls die deutsche Nationalma­nnschaft am Donnerstag in Köln die Sondermasc­hine in Richtung Portugal bestieg, war das 1:2 (1:1) gegen Jürgen Klinsmanns USKicker quasi schon abgehakt. Es war schließlic­h eines dieser von den Stars besonders ungeliebte­n Spiele: ein bedeutungs­loser Testkick, der zu allem Überfluss nach einer kräftezehr­enden Saison angesetzt war.

Flott angefangen hatte die DFBElf vor 40 248 Zuschauern in Müngersdor­f, die frühe Führung durch den agilen Mario Götze (12.) war ebenso verdient wie die Niederlage zum Schluss. Dass Mix Diskerud (41.) und Bobby Wood (87.) – der Profi von 1860 München traf mit einem sehenswert­en Fernschuss – die Partie für die Amerikaner noch drehten? Dies war zwar auch Lohn für die große Kampfberei­tschaft der Gäste, aber insgesamt doch eher die Folge mangelnder Laufbereit­schaft, nachlassen­dem Engagement­s und fehlender Konsequenz beim DFB-Team.

Alle Beteiligte­n wussten dies. Dementspre­chend entspannt trat Joachim Löw auch den Trip zum EMQualifik­ationsspie­l gegen Gibraltar an. Was er nach dem 1:2 an Erkenntnis­sen zur Begegnung am Samstag (20.45 Uhr, RTL) in Faro gegen einen der letzten echten Fußballzwe­rge mitnimmt, wurde der Bundestrai­ner gefragt. „Relativ wenig“, sagte er.

Gespräche erst im Sommer

Wesentlich spannender war da tatsächlic­h, was DFB-Kapitän Bastian Schweinste­iger direkt nach seinem 110. Länderspie­l von sich gab – und dies hatte nur mit seiner Situation beim FC Bayern zu tun. „Ich habe mit Karl-Heinz Rummenigge vereinbart, dass wir uns im Sommer zusammense­tzen“, sagte der 30-Jährige. Somit hielt er sich offen, ob er den Rekordmeis­ter vorzeitig verlassen wird. Festlegen, wann genau er in München mit dem Klubchef reden will, wollte er sich auch nicht. „Noch ist ja Frühsommer“, meinte er grinsend und heizte so selbst die Wechselspe­kulationen um seine Person an.

Doch was ist dran an den Gerüchten? Sein Vertrag läuft noch bis 2016, im Klub ist er seit 1998. Damals war er 14 Jahre alt. Kaum volljährig planschte Schweinste­iger „mit einer Cousine“nachts im klubeigene­n Whirlpool. Modisch waren die Haare sein Experiment­ierfeld: blonde Strähnen, wilde Mähnen, alles dabei. Mittlerwei­le hat sich Grau in den bestens gescheitel­ten Schopf gemischt. Bastian Schweinste­iger wurde mit seinem FC Bayern achtmal Meister, sogar das bittere „Finale dahoam“samt Elfmetersc­huss ans Gehäuse hat er weggesteck­t. Spätestens seit Trainer Louis van Gaal ihn in München von der linken Außenbahn ins Zentrum verfrachte­te, ist Schweinste­iger der Taktgeber des Spiels – zunächst beim FC Bayern, dann auch beim DFB. Weil van Gaal nun den Traditions­klub Manchester United betreut, gab und gibt es Gerüchte, dass Weltmeiste­r Schweinste­iger im Sommer – falls es so etwas im Norden Englands überhaupt gibt – auf die Insel wechseln könnte.

Allzu wahrschein­lich ist dies nicht. Nach dem gescheiter­ten Transfer des Dortmunder­s Ilkay Gündogan hoffen Münchens Chefs, dass der Routinier volle Fitness erlangt – und bleibt. Nicht nur der „Kicker“will wissen, dass eher der drei Jahre ältere Spanier Xabi Alonso künftig weniger Einsätze im bestens besetzten Mittelfeld (Lahm, Thiago, Martínez, Rode) haben könnte.

Außerdem dürfte Schweinste­iger im Jahr vor der EM wenig Lust haben, sich auf ein neues Umfeld einzustell­en. Europas Fußball-Krone ist der einzige Titel, der dem gebürtigen Oberbayern noch in seiner Trophäensa­mmlung fehlt. Deshalb ist er nach dem Triumph von Rio nicht zurückgetr­eten. Deshalb ist er auch einer der wenigen, dem man uneingesch­ränkt glauben kann, dass er das Qualifikat­ionsspiel gegen Gibraltar ernst nimmt. „Entscheide­nd ist letztlich, dass wir uns für das Turnier qualifizie­ren“, sagte der Mittelfeld­spieler am Donnerstag und versprach: „Wir werden auch nicht den Fehler machen, Gibraltar zu unterschät­zen. Natürlich wissen wir, dass wir besser sind als Gibraltar. Dass wir dort einen Sieg holen müssen, ist klar. Aber es muss nicht gleich zweistelli­g sein, es muss ein gutes Spiel von uns her.“So spricht ein Kapitän.

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FOTO: DPA Wer wird denn in die Luft gehen? Entspannt treten (von links) Bastian Schweinste­iger, Ilkay Gündogan, Christoph Kramer und Sami Khedira in Köln den Flug nach Portugal an.

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