Immer weniger Streuobstwiesen
Die Gemeinde Achberg will dem Negativ-Trend entgegensteuern.
ACHBERG - Im Frühjahr weiße und rosa Blüten, im Herbst knackiges Obst – Streuobstwiesen prägen in der Region das Landschaftsbild. Doch ihr Bestand geht nach und nach zurück. Denn für Landwirte rentiert sich die aufwendige Pflege heute finanziell kaum mehr. Nun will Achberg dem Trend auf Gemeindegebiet entgegensteuern – und den Anbau neuer Bäume stärker unterstützen.
Dafür, dass das Thema jetzt auf dem Schreibtisch des Achberger Bürgermeisters Johannes Aschauer gelandet ist, sorgten ärgerliche Anrufe einiger Bürger. Ein Landwirt hatte im April etwa zehn Streuobstbäume gefällt. „Wenn die Bäume kurz vor der Blüte gefällt werden, gibt es einen Aufschrei“, sagt Aschauer. Weil der Landwirt die Bäume außerhalb der erlaubten Zeit entfernte, musste er eine Geldbuße zahlen. Doch damit war das Thema noch nicht vom Tisch.
Denn dass der Bestand an Streuobstwiesen zurückgeht, macht manchen Achbergern Sorgen. In den 1950er Jahren standen nach Schätzung Aschauers im Gemeindegebiet etwa 2000 Streuobstbäume. Gegenwärtig belaufe sich die Zahl vielleicht auf 1500. Tendenz weiter sinkend: Immer mehr Landwirte entscheiden sich laut Aschauer, den Altbestand an Streuobst nicht weiter zu pflegen und schrittweise abzubauen.
Grund seien die aufwendige Pflege und die immer größeren Flächen, die die Landwirte zu bewirtschaften haben. Gab es in Achberg in den 1950er Jahren noch etwa 40 Bauernhöfe, sind es heute nurmehr ein Viertel davon. „Die Betriebe sind heute flächenmäßig sehr groß“, sagt Aschauer. Jede Obstanlage, die sie zusätzlich ausmähen müssten, behindere die Landwirte. Hinzu komme, dass die modernen Mähmaschinen größer sind und die Landwirte mit ihnen zum Teil nicht zwischen den Bäumen durchkommen. Dabei springe für das Obst nurmehr sehr wenig Geld ab. Einige Obstwiesen seien zudem überaltert. „Man muss die Situation der Landwirte verstehen“, sagt Aschauer.
„Was können wir machen, dass die Streuobstwiesen erhalten bleiben?“– diese Frage sollte daher ein gemeinsames Treffen mit Gemeinderäten und den Rinder haltenden Landwirten klären. Ortsobmann Friedrich Kaeß macht im Gespräch mit der LZ hinterher die Sicht der Landwirte deutlich: „Streuobstwie- sen sind nicht mehr zeitgemäß.“Die intensive Pflege sei zeitaufwendig und nicht bezahlbar. Auch vor dem Hintergrund des Mindestlohns sei es nicht machbar, hierfür Personal einzustellen. „Für Obstnutzung haben wir mittlerweile Intensivobstbau“, sagt er. Der Ertrag hieraus sei mindestens 20 bis 30 Prozent höher. „Streuobst ist mehr oder weniger ein Hobby.“Als Alternativen schlägt der Ortsobmann andere HochstammArten vor, die die Landwirte an die Ränder der Wiesen pflanzen können. Kastanien-, Holunder- oder Kirschbäume seien etwa weit weniger pflegeintensiv.
Bei dem Treffen kürzlich seien die Anwesenden verschiedene Fördermöglichkeiten für Streuobst durchgegangen, sagt Aschauer. Ein Konzept zur Unterstützung der Pflege, das für die Landwirte allerdings eine Verpflichtung zum Erhalt der Streuobstbe0stände nach sich zieht, komme für sie nicht in Frage. Nun sehe der Gemeinderat zumindest vor, den Anbau neuer Bäume statt bisher mit fünf künftig mit 25 Euro zu unterstützen. Das Thema steht auf der Tagesordnung der nächsten Sitzung. Zudem soll es später darum gehen, wie die Gemeinde die Landwirte auch bei der Pflege unterstützen kann.
Aschauer befürchtet, dass der Prozess nicht komplett aufzuhalten ist. Doch er hofft, dem Negativ-Trend entgegenwirken zu können.
„Streuobst ist mehr oder weniger ein Hobby.“Ortsobmann Friedrich Kaeß