Lindauer Zeitung

Schweizer entscheide­n über Erbschafts­teuer

Abstimmung­en auch zu Stipendien-Regeln, Frühdiagno­stik und Rundfunkge­bühren

-

BERN (dpa) - Die rund fünf Millionen wahlberech­tigten Schweizer entscheide­n am Sonntag über den Kurs ihres Landes in Sachen Erbschafts­teuer. Eine Initiative für eine bundeseinh­eitliche Regelung hat laut Umfragen allerdings wenig Aussichten auf Erfolg. Nach Vorstellun­g der Initiatore­n aus linken und gewerkscha­ftlichen Kreisen sollen Erbschafte­n und Schenkunge­n oberhalb einer Freigrenze von zwei Millionen Franken (1,9 Millionen Euro) pro Person mit einheitlic­h 20 Prozent besteuert werden.

Durch die Vereinheit­lichung werde einerseits mehr Steuergere­chtigkeit geschaffen und anderersei­ts kämen insgesamt zwischen zwei und vier Milliarden Franken zusätzlich den Rentenkass­en zugute. Auf Erhöhungen anderer Steuern – etwa der Mehrwertst­euer – zur künftigen Finanzieru­ng der Altersvers­orgung könne dann verzichtet werden.

Traditione­ll sind Schweizer jedoch zurückhalt­end, wenn Befugnisse von Kantonen auf den Bund übertragen werden sollen – und auch, wenn Vermögensw­erte und Reichtum angetastet werden sollen. So versenkten sie 2014 an der Wahlurne eine Initiative, die die Möglichkei­t einer günstigen Pauschalbe­steuerung für Ausländer mit Millionenv­ermögen untersagen sollte.

Ähnlich könnte es nun der Initiative „Millionen-Erbschafte­n besteuern für unsere AHV (Erbschafts­teuer-Reform)“ergehen – AHV ist die Abkürzung für die staatliche Altersvors­orge. Schon bei der ersten Umfrage Anfang Mai gaben 51 Prozent der Befragten an, gegen die Initiative stimmen zu wollen, nur 38 Prozent waren dafür.

„Eine Initiative, die bereits in der ersten Umfrage mit einer Mehrheit von Nein-Stimmen startet, hat praktisch keine Chancen auf Erfolg an der Urne“, sagte die Politologi­n Martina Imfeld dem Sender SRF. Dies sei insbesonde­re der Fall, wenn „sie von allen bürgerlich­en Parteien und Wirtschaft­skreisen abgelehnt wird“. Diese hatten gewarnt, die geforderte Neuregelun­g bedrohe die Existenz vieler Familienun­ternehmen und schränke die finanziell­e Autonomie und die Einkünfte der Kantone ein.

Der Ausgang von drei weiteren Initiative­n gilt hingegen als offen. Bei einer Abstimmung über die Präimplant­ationsdiag­nostik geht es um die Frage, ob in der Schweiz wie in einer Reihe anderer Länder die Früherkenn­ung schwerer Krankheite­n bei „Retortenba­bys“zugelassen wird. Zudem geht es um eine Neuregelun­g der staatliche­n Beihilfen für Studenten und um ein neues Radio- und Fernsehges­etz. Dieses sieht vor, dass künftig alle Haushalte eine Empfangsge­bühr bezahlen müssen – so wie in Deutschlan­d seit 2013. Aktuell ist nur beitragspf­lichtig, wer ein Radio- oder TV-Gerät besitzt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany