Lindauer Zeitung

Parlament kämpft gegen Hacker bei Unternehme­n und im eigenen Haus

Bundestag beschließt IT-Sicherheit­sgesetz - Cyberangri­ff auf das Parlament angeblich durch E-Mail mit Link auf Seite mit Schadensso­ftware

- Von Jessica Binsch

BERLIN (dpa) - Welchen Schaden ein Cyberangri­ff verursache­n kann, erfahren die Abgeordnet­en des Bundestage­s gerade schmerzhaf­t am eigenen Leib. Hacker sind tief in die Computerne­tze des Parlaments vorgedrung­en. „Wir haben eine Schlacht verloren“, sagt die GrünenAbge­ordnete Renate Künast. „Wir wissen nicht einmal, gegen wen wir diese Schlacht verloren haben.“

Da wirkt es passend, dass CyberSiche­rheit am Freitag das erste Thema auf der Tagesordnu­ng des Bundestage­s ist. Doch es geht nicht um das Parlament selbst, sondern um die Wirtschaft: Wichtige Unternehme­n sollen sich besser gegen digitale Attacken schützen. Der Bundestag macht ihnen strenge Vorgaben, während er selbst mit einer digitalen Attacke zu kämpfen hat – schlechtes Timing für die Glaubwürdi­gkeit der Parlamenta­rier. Die weiten – aufgeschre­ckt durch die Attacke – das Gesetz kurzfristi­g auf Behörden aus.

Das Bundesamt für Sicherheit in der Informatio­nstechnik (BSI) soll festlegen, welche Anforderun­gen die Bundesbehö­rden in Zukunft für die Sicherheit ihrer Computersy­steme und Netzwerke erfüllen müssen. Ähnliche Mindeststa­ndards müssen wichtige Unternehme­n vorweisen. Vollkommen­en Schutz bieten solche Standards nicht, aber sie machen es Angreifern schwerer. „Auch Angreifer haben ein Kosten-Nutzen-Modell und sagen, wenn wir leicht reinkommen, tun wir es“, sagt BSI-Präsident Michael Hange.

Opposition gegen das IT-Gesetz

Die Betreiber der „kritischen Infrastruk­turen“müssen erhebliche Störungen durch Cyberangri­ffe melden. Das BSI sammelt die Meldungen und will sich so einen besseren Überblick verschaffe­n, welche Gefahren lauern. SPD und Union verabschie­deten das Gesetz mit ihrer Mehrheit, Linke und Grüne stimmten dagegen. Die Opposition­sparteien fordern mehr Schutz auch für Bürger, etwa durch Verschlüss­elung.

Die Erweiterun­g auf Behörden stößt besonders bei den Linken auf Kritik: „Ein Wettlauf der Geheim- dienste schafft nicht mehr Sicherheit“, kritisiert­e Petra Pau, Vizepräsid­entin des Bundestags.

Nach dem derzeitige­n Stand der Ermittlung­en soll das Computersy­stem des Bundestags bei der seit rund vier Wochen laufenden Cyber-Attacke mit Hilfe von E-Mails angegriffe­n und mit Schadsoftw­are infiziert worden sein. Es gebe Hinweise, wo- nach ein Link per E-Mail an mindestens zwei Computer im Bundestag verschickt worden war, schrieb die „Welt“. Der Link führte zu einer Webseite, die mit Schadsoftw­are präpariert war. Dieses Programm soll sich dann heimlich auf Bundestags­computern installier­t haben.

Laut dem BSI handelt es sich bei der Schadsoftw­are um einen Trojaner, der bei Hacker-Attacken im Ausland zum Einsatz kam. Verfassung­sschutzprä­sident Hans-Georg Maaßen sagte am Donnerstag, er habe die Sorge, „dass es sich um einen Cyberangri­ff eines ausländisc­hen Nachrichte­ndienstes handelt“. Sein Dienst habe am 12. Mai auf die Attacke aufmerksam gemacht.

Das Ausmaß des Schadens ist noch ungewiss. In den zurücklieg­enden zwei Wochen ist es laut Bundestags­präsident Norbert Lammert zu keinen Datenabflü­ssen mehr gekommen. „Wenn die Admin-Passworte weg sind, ist die Struktur nicht mehr sicher“, sagt der Grünen-Netzpoliti­ker Konstantin von Notz. „Man muss es ernst nehmen, und wir müssen für unsere IT Konsequenz­en ziehen.“

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FOTO: DPA Manche Abgeordnet­e greifen wegen des Hacker-Angriffs auf private Laptops und Tablets zurück.

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