Mehr Pflege-Kooperation am Bodensee
Internationale Beratung über Fachkräftemangel in Seniorenheimen und Krankenhäusern
KONSTANZ - Die Ausbildung im Gesundheits- und Pflegebereich soll rund um den Bodensee vernetzt werden. Dies planen politische Vertreter der angrenzenden Länder und Kantone, wie am Freitag bei einer Pressekonferenz in Konstanz bekanntgegeben wurde. Der Vorstoß ging von der baden-württembergischen Gesundheitsministerin Katrin Altpeter (SPD) aus. Hintergrund ist vor allem der inzwischen alarmierende Mangel an medizinischem und pflegerischem Fachpersonal am nördlichen Bodensee.
Zwei Tage lang hatten neun Experten im Rahmen der Internationalen Bodenseekonferenz diskutiert. Ziel war es, den grenzüberschreitenden Austausch im Gesundheitsbereich zu vertiefen. Neben Altpeter nahmen die bayerische Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) sowie Land- und Regierungsräte aus Vorarlberg und den nordostschweizerischen Kantonen teil.
Laut Altpeter will die Runde prüfen, ob sich Ausbildungsgänge in Pflegeberufen auf dem Gebiet der Bodenseeanrainer vereinheitlichen lassen. So soll der jeweilige Abschluss in allen Ländern und Kantonen anerkannt werden. Bisher verhindern dies noch nationale Vorga- ben. Besonders mit den Schweizer Kantonen würde sich eine Angleichung als komplex erweisen, weil die Eidgenossen nicht zur EU gehören.
Die Politikerrunde hatte als externen Spezialisten Berthold Broll hinzugezogen. Er ist Vorstand der Stiftung Liebenau, eine der führenden sozialen Einrichtungen am Bodensee. Broll betonte, dass der Mangel an Pflegekräften am Nordufer weit- aus eklatanter sei als in Vorarlberg und der Schweiz. Er führt dies auf das nach wie vor schlechte Ansehen der entsprechenden Berufe hierzulande zurück. Hinzu käme die bescheidene Bezahlung durch verschiedene Pflegeeinrichtigungen.
In Baden-Württemberg ist die Zahl der Ausbildungsplätze im Pflegebereich in den vergangenen Jahren von 7500 auf 10 000 erhöht worden. Die Liebenau hat laut Broll 50 solcher Stellen. Ein Drittel der Leute würde jedoch ausscheiden. Anders stellt sich die Lage im Kanton St. Gallen dar. Regierungsrätin Heidi Hanselmann berichtet, dass es bei ihnen weitaus mehr Bewerber als Ausbildungsplätze gebe. Wobei die Kantone noch von Zuzug profitieren. 30 Prozent der Pflegekräfte im Kanton St. Gallen sind aus dem Ausland, vor allem aus Deutschland. Es locke nicht nur das höhere Gehalt, so Hanselmann, sondern auch die im Vergleich zu Deutschland anspruchsvollere Tätigkeit in der Pflege und das bessere Image.
Schweiz braucht Ärzte
Die nordost-schweizerischen Kantone sehen aber durchaus das Mangelproblem am Nordufer des Sees. Von dort ziehen nicht nur Pflegekräfte nach Süden, sondern ebenso Mediziner. Weshalb die Schweiz ihre Ausbildungskapazitäten im Gesundheits- und Pflegebereich erhöhen will, um den Bedarf selber zu decken. Gegenwärtig, berichtet Regierungsrätin Hanselmann, würden bei den Eidgenossen pro Jahr 930 Mediziner ihren Abschluss machen. Man brauche aber 1300 bis 1400 fertige Ärzte. Nun will die Schweiz zusätzlich 100 Millionen Franken in die Medizinerausbildung investieren.