Neue Sicht auf das Kemptener Stadtbild
Architekten sollen Politiker beraten – Strittig ist, ob Räte bei Gutachten mitentscheiden
KEMPTEN - „Im Kemptener Stadtbild gibt es Licht und Schatten.“Nicht nur Josef Leonhard Schmid als stellvertretender CSU-Fraktions-Chef im Stadtrat findet, dass die Gestaltung etlicher in den vergangenen Jahrzehnten entstandenen Bauten kein Glanzlicht war. Damit bei künftigen Projekten keine weiteren optischen Lücken in das unverwechselbare Stadtbild gerissen werden, sollen die Politiker vor Entscheidungen über Bauanträge von Fachleuten beraten werden.
Wie selbstständig solch ein Gestaltungsbeirat arbeiten darf, ist allerdings nach einer stundenlangen nichtöffentlichen Stadtratssitzung und Beratungen aller Fraktionen immer noch nicht ausdiskutiert. Ziemlich allein steht die CSU-Fraktion inzwischen mit der Vorstellung da, dass Politiker das Ergebnis der Expertenvorschläge durch ein Stimmrecht im Gestaltungsbeirat sofort beeinflussen können.
Die Vorgeschichte:
Vorstöße, einen Gestaltungsbeirat einzurichten, gibt es seit Jahren. Viele Stadträte, allen voran der CSU-Fraktionsvorsitzende Erwin Hagenmaier, argumentierten aber wiederholt, dass die Politiker selbst genügend Fachkenntnis haben, um über Bauanträge richtig zu entscheiden. Jüngst brachte aber eine Baugenehmigung für das Sudhaus auf dem Brauhausgelände in der Innenstadt Architekten auf, da die eine Gebäudeseite historisch, die andere jedoch modern gestaltet wird.
Aus fünf Fachleuten soll ein Gestaltungsbeirat bestehen. Da sind sich die Fraktionen einig. Auch dazu, dass keine Architekten aus der Stadt Kempten oder dem Landkreis Oberallgäu berufen
Das Expertengremium:
werden sollen – „um Interessenskollisionen zu vermeiden“, sagt beispielsweise Alexander Hold von den Freien Wählern. In der CSU wird sogar diskutiert, niemanden aus dem Allgäu zu nehmen. Kemptens Oberbürgermeister Thomas Kiechle könnte sich gut einen Architekten aus dem benachbarten Vorarlberg vorstellen, da dort historische und moderne Baukultur beispielhaft verbunden werde.
Wer redet mit?
Fest steht schon jetzt, dass der Gestaltungsbeirat nur beratend tätig wird. Über Bauprojekte entscheidet auch künftig der Bauausschuss. Von daher hält es die UB/ ÖDP für überflüssig, dass in dem Gremium überhaupt Politiker mit dabei sind, sagt Stadtrat Michael Hofer. Freie Wähler, Grüne und SPD sind zwar dafür, dass Stadträte bei diesen Sitzungen mitdiskutieren, jedoch ohne Stimmrecht, wie es die CSU will. „Sonst weicht man das Ganze ja sofort wieder auf“, sagt Siegfried Oberdörfer von der SPD.
Über welche Projekte berät das Gremium?
Zunächst über alle Großprojekte. Über kleinere dann, wenn sie besonders wichtig sind. Auch dazu gibt es zwei Vorschläge: Entweder soll der Oberbürgermeister bestimmen, was „besonders wichtig“ist; oder der Gestaltungsbeirat wird gefragt, wenn mehrere Bauausschussmitglieder das für notwendig halten. Dies schlägt die SPD vor und findet Unterstützung bei den Freien Wählern.
Wie geht es weiter?
Die Vorschläge der Fraktionen soll die Verwaltung in einem Papier zusammenführen, sagt der Oberbürgermeister. Danach wird der Stadtrat entscheiden. Ob dies vor der Sommerpause noch etwas wird? Darauf will sich Kiechle derzeit nicht festlegen.