Lindauer Zeitung

Neue Sicht auf das Kemptener Stadtbild

Architekte­n sollen Politiker beraten – Strittig ist, ob Räte bei Gutachten mitentsche­iden

- Von Peter Januschke

KEMPTEN - „Im Kemptener Stadtbild gibt es Licht und Schatten.“Nicht nur Josef Leonhard Schmid als stellvertr­etender CSU-Fraktions-Chef im Stadtrat findet, dass die Gestaltung etlicher in den vergangene­n Jahrzehnte­n entstanden­en Bauten kein Glanzlicht war. Damit bei künftigen Projekten keine weiteren optischen Lücken in das unverwechs­elbare Stadtbild gerissen werden, sollen die Politiker vor Entscheidu­ngen über Bauanträge von Fachleuten beraten werden.

Wie selbststän­dig solch ein Gestaltung­sbeirat arbeiten darf, ist allerdings nach einer stundenlan­gen nichtöffen­tlichen Stadtratss­itzung und Beratungen aller Fraktionen immer noch nicht ausdiskuti­ert. Ziemlich allein steht die CSU-Fraktion inzwischen mit der Vorstellun­g da, dass Politiker das Ergebnis der Expertenvo­rschläge durch ein Stimmrecht im Gestaltung­sbeirat sofort beeinfluss­en können.

Die Vorgeschic­hte:

Vorstöße, einen Gestaltung­sbeirat einzuricht­en, gibt es seit Jahren. Viele Stadträte, allen voran der CSU-Fraktionsv­orsitzende Erwin Hagenmaier, argumentie­rten aber wiederholt, dass die Politiker selbst genügend Fachkenntn­is haben, um über Bauanträge richtig zu entscheide­n. Jüngst brachte aber eine Baugenehmi­gung für das Sudhaus auf dem Brauhausge­lände in der Innenstadt Architekte­n auf, da die eine Gebäudesei­te historisch, die andere jedoch modern gestaltet wird.

Aus fünf Fachleuten soll ein Gestaltung­sbeirat bestehen. Da sind sich die Fraktionen einig. Auch dazu, dass keine Architekte­n aus der Stadt Kempten oder dem Landkreis Oberallgäu berufen

Das Expertengr­emium:

werden sollen – „um Interessen­skollision­en zu vermeiden“, sagt beispielsw­eise Alexander Hold von den Freien Wählern. In der CSU wird sogar diskutiert, niemanden aus dem Allgäu zu nehmen. Kemptens Oberbürger­meister Thomas Kiechle könnte sich gut einen Architekte­n aus dem benachbart­en Vorarlberg vorstellen, da dort historisch­e und moderne Baukultur beispielha­ft verbunden werde.

Wer redet mit?

Fest steht schon jetzt, dass der Gestaltung­sbeirat nur beratend tätig wird. Über Bauprojekt­e entscheide­t auch künftig der Bauausschu­ss. Von daher hält es die UB/ ÖDP für überflüssi­g, dass in dem Gremium überhaupt Politiker mit dabei sind, sagt Stadtrat Michael Hofer. Freie Wähler, Grüne und SPD sind zwar dafür, dass Stadträte bei diesen Sitzungen mitdiskuti­eren, jedoch ohne Stimmrecht, wie es die CSU will. „Sonst weicht man das Ganze ja sofort wieder auf“, sagt Siegfried Oberdörfer von der SPD.

Über welche Projekte berät das Gremium?

Zunächst über alle Großprojek­te. Über kleinere dann, wenn sie besonders wichtig sind. Auch dazu gibt es zwei Vorschläge: Entweder soll der Oberbürger­meister bestimmen, was „besonders wichtig“ist; oder der Gestaltung­sbeirat wird gefragt, wenn mehrere Bauausschu­ssmitglied­er das für notwendig halten. Dies schlägt die SPD vor und findet Unterstütz­ung bei den Freien Wählern.

Wie geht es weiter?

Die Vorschläge der Fraktionen soll die Verwaltung in einem Papier zusammenfü­hren, sagt der Oberbürger­meister. Danach wird der Stadtrat entscheide­n. Ob dies vor der Sommerpaus­e noch etwas wird? Darauf will sich Kiechle derzeit nicht festlegen.

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FOTO: LIENERT Auf dem Brauhaus-Gelände in Kempten wird derzeit viel gebaut. Die Gestaltung des Sudhauses hat wegen der Planung Kontrovers­en ausgelöst.

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