Weinzierl? Wilmots? Breitenreiter!
Bundesligist FC Schalke 04 entscheidet sich für die kleine Lösung und holt den jungen Coach aus Paderborn
GELSENKIRCHEN (dpa) - Augsburgs Erfolgscoach Markus Weinzierl wollte nicht, Belgiens Nationaltrainer Marc Wilmots war wohl zu teuer – nun setzt der FC Schalke 04 nach einer wochenlangen Trainersuche auf die vermeintlich kleine Lösung. Am Freitag verpflichtete der Gelsenkirchner Traditionsklub Trainer André Breitenreiter vom Bundesliga-Absteiger SC Paderborn. Die Königsblauen einigten sich mit dem 41Jährigen auf einen Vertrag bis 2017. Breitenreiter tritt die Nachfolge des glücklosen Italo-Schweizers Roberto Di Matteo an, von dem sich die Schalker nach einer enttäuschenden Saison getrennt hatten.
„André Breitenreiter hat alle Verantwortlichen umfassend überzeugt, dass er der Richtige für unsere Ziele ist. Er ist ein junger, mutiger Trainer, der keine Angst vor unbequemen Entscheidungen hat. Beim SC Paderborn hat er bewiesen, dass er Talente weiterentwickeln kann und es versteht, eine Mannschaft zu disziplinieren, formen und besser zu machen“, sagte Manager Horst Heldt, der schätzungsweise 500 000 Euro als Ablösesumme nach Ostwestfalen überweisen muss. Im Vergleich zu den beiden vormaligen Wunschkandidaten Weinzierl und Wilmots ist Breitenreiter somit vergleichsweise günstig. Für Weinzierl, der den Schalkern am Mittwoch ohnehin abgesagt hatte, und für Wilmots wären Millionenablösen fällig gewesen.
Nun also Breitenreiter. Der Niedersachse hat sich in Paderborn ei- nen guten Ruf erarbeitet, nachdem er zuvor als Jugendcoach des TuS Altwarmbüchen und als Cheftrainer beim TSV Havelse gearbeitet hatte. Breitenreiter führte den SCP auf Anhieb in die Bundesliga und verpasste dort knapp den Klassenerhalt. „Es waren zwei schöne Jahre“, sagte Paderborns Präsident Wilfried Finke bei Sky, der sich über die Abwerbung nicht wunderte: „Schalke ist nach den Absagen von Weinzierl und Wilmots unter Druck geraten. Das sind normale Vorgänge im Profifußball.“
Breitenreiters Aufgabe auf Schalke ist jedoch alles andere als normal. In der Rückrunde hatte das mit vielen Stars bestückte Team ein erschreckendes Bild abgegeben: Die Champions League wurde früh verpasst, mit Kevin-Prince Boateng und Sidney Sam wurden zwei Profis suspendiert, die Europa-League-Teilnahme war allenfalls ein Trostpreis.
Nach dem Missgriff Di Matteo stand (und steht) auch Manager Heldt unter Druck. Einen weiteren Fehlgriff kann sich der Ex-Profi, dessen 2016 auslaufender Vertrag noch nicht verlängert wurde, nicht erlau- ben. Deshalb hatte er eine große Lösung angestrebt, am liebsten mit FanLiebling Wilmots.
Wilmots: „Ein schlechter Witz“
Der 46-Jährige, der am Abend mit Belgien in der EM-Qualifikation in Wales antrat und eine 0:1-Niederlage quittieren musste, reagierte übrigens sehr emotional auf die Nachricht von Breitenreiters Verpflichtung. Die Darstellung, dass Schalke ihm abgesagt habe, sorgte bei Wilmots für Verärgerung. „Wenige Stunden vor unserem so wichtigen EM-Qualifikationsspiel solche Nachrichten zu streuen – das ist Wahnsinn und ganz schlechter Stil“, sagte er dem „Kicker“. „Eines muss man mal festhalten: Schalke ist zu mir gekommen und hat mich gefragt, obwohl ich hier in Belgien eine große Mannschaft trainiere. Ich habe Schalke nie um einen Job gefragt. Deshalb ist es ein schlechter Witz, wenn man meint, mir irgendetwas absagen zu können. Schalke ist und bleibt mein Herzensverein. Aber die Art und Weise, wie das alles gelaufen ist, das ist nicht Schalke. Das ist eher bedenklich.“