Angespitzt
Status ist alles. Doch wie zeigt man, dass man diesen hat? Früher gelang dies mittels Statussymbolen, von denen allerdings viele an Wert eingebüßt haben. Ein Smartphone der Neidklasse besitzt heute schon beinahe jedes Kind. Schwarzer Porsche? Ist ein bisschen aufwändig bei der Anschaffung, außerdem im Zeitalter von E-Autos ziemlich aus der Zeit. Schicke Schuhe? Wer kennt schon den Unterschied zwischen handgenähtem Fußkleid und den zusammengeklebten Floppen aus dem Discounter? Es hilft alles nichts: Wer seinen Status kundtun will, muss modisch Flagge zeigen. Ganz einfach.
Oder auch ganz kompliziert. Schließlich ist es einigermaßen schwierig, will man auseinanderhalten, was schwer angesagt und was hoffnungslos aus der Zeit gefallen ist. Vor sechs Jahren brachte ein leichtsinnigerweise offen auf dem Schreibtisch herumliegendes Foto aus längst vergangenen Jugendtagen – schulterlange Haare, hautenge weiße Hüfthose, körperbetontes Seemannsshirt – die jugendliche Kollegin in Wallung: „Damit wären sie heute in jeder Disco der absolute Star.“Da der Beinahe-Star heute Schwierigkeiten hätte, sowohl in Hüfthose als auch ins enge Shirt zu kommen, wollte er beides seinem Junior vererben, was keine gute Idee war. „Vaddr, als Späthippie kann’sch selber rumlaufa.“Späthippie oder Vollhorst – das ist hier die Frage. Schließlich wiederholt sich modisch gesehen ja bekanntlich alles – in stets kürzer werdenden Zeitmodulen.
Letztes Beispiel: Handtasche. Handtaschen sind bekanntlich jenes Accesoire, in welches die weibliche Hälfte der Menschheit ungeahnte Mengen von ungeahnter Wichtigkeit in ungeahnter Unordnung unterbringt. Vor geraumer Zeit begab es sich aber, dass die Modemacher daran gingen, Taschen den Männern ans Herz, respektive Handgelenk zu legen. Das Herrenhandtäschle erlangte rasch einen Beliebtheitsgrad wie Zahnweh, und als typischer Herrenhandtäschchenbesitzer galt Berti Vogts. Seitdem ist klar: Echte Männer tragen keine Taschen. Höchstens Firmenchefs (Akten), Piloten (Flugunterlagen) oder Mafia-Killer (Maschinenpistole). Inzwischen feiern aber Herrenhandtaschen eine Renaissance, denn Nobelfirmen präsentieren aktuell die Clutch für den Mann. Clutch ist so ein schreibheftgroßes Ding, das Damen des Abends, wenn große Taschen zu lästig sind, in der Hand tragen. Jetzt gibt es also die Clutch für den Mann, auch als Statussymbol zu gebrauchen. Die Clutch vom Edelhändler Givenchy beispielsweise kostet 450 Euro. Damit ist auch die Frage beantwortet, wie man beweist, dass man Status besitzt. Wenn allerdings Berti Vogts mit einer Clutch herumläuft, ist dieses Image schnell im Eimer. Deshalb rate ich zu Hüfthosen.