„Gegrillte Schlange schmeckt wie Hühnchen“
Klaus Winter über exotisches Grillgut, Infernos auf der Terrasse und Frauen am Rost
Klaus Winter hat als Grill-Guru mit Fans von Nord- bis Bodensee nahezu alles erreicht. Fernsehen, Radio, Magazine: Was soll man zum Thema Grillen einen Mann wie ihn, der dazu schon alles gesagt hat, noch fragen? Erich Nyffenegger hat trotzdem ein Interview mit dem Grillprofi aus Lindau versucht und Tipps bekommen, wie eine Grillparty zuverlässig zum Desaster wird.
Für viele Grill-Enthusiasten sind Sie das, was für Katholiken der Papst ist. Sind Sie der Franziskus vom heißen Rost?
Im Gegensatz zum Vatikan, wo weißer Rauch aufsteigt, steigt bei uns üblicherweise kein weißer Rauch auf. Denn dann verbrennt Fett und das wäre genau das, was wir nicht wollen. Wir bemühen uns ja, gesund zu grillen. Aber wie dem auch sei – als Papst würde ich mich nicht bezeichnen. Ich grille einfach nur gerne, und das seit 24 Jahren, seit 13 Jahren in der eigenen Grillakademie.
Warum träumen Männer heute von Grillgeräten, die nicht nur so teuer wie ein Kleinwagen sind, sondern auch noch so aussehen?
Das ganz ursprüngliche Grillen am Lagerfeuer ist in heutigen Wohnsiedlungen schlecht zu bewerkstelligen, außer man möchte am Wochenende richtig Ärger mit diversen Nachbarn bekommen. Daher braucht’s also irgendein Grillgerät, mit dem das Feuer in Zaum gehalten wird. Da kann zum Beispiel ein Gasgrill eine Lösung sein. Aber es stimmt schon: Bei Grill-Equipment sind nach oben keine Grenzen gesetzt.
Als Gastronom sind Sie ja auch Psychologe. Sind Frauen die besseren Menschen hinterm Rost?
Insbesondere in unseren Grillkursen stelle ich fest: Erstaunlicherweise ist da auch immer eine Quotenfrau dabei. Und das sind tatsächlich Frauen, denen man das Grillen erst mal gar nicht zutrauen würde, und die dann am Ende ihr Rinderfilet sogar englisch oder bleu essen, sodass den Jungs dabei der Mund offen stehen bleibt. Dass Frauen grundsätzlich die Führung am Grill übernommen haben, ist aber definitiv nicht so. Es ist eher wie seit Menschengedenken: Die Frau bereitet die Salate zu, macht die Terrasse klar, stellt die Stühle hin, holt die Kohle aus der Garage und putzt hinterher den Grill. Und der Mann stellt sich hin, legt das Fleisch auf und setzt sich dann gemütlich zu den Gästen.
Wie steht’s denn insgesamt um die Grillkompetenz im Land?
Das Niveau ist wirklich extrem gestiegen , gerade bei den Leuten, die in den Grillkurs kommen. Die wollen wirklich kulinarisch was wissen und es macht richtig Spaß, denen noch ein paar Kniffe und Tricks zu zeigen, damit es noch besser klappt. Das Wissen bei den Profis aus der Gastronomie ist insgesamt deutlich geringer als bei interessierten Privatleuten, das merke ich immer bei den Dehoga-Fortbildungen, die ich leite.
Haben Sie selbst schon mal Feuer gefangen am Grill?
Direkt noch nicht, allerdings ist der Funke schon mehrmals übergesprungen, wenn ich mal versäumt habe, im Smoker rechtzeitig Holz nachzulegen, vor ihn hingekniet bin und leicht ins Feuer gepustet habe. Danach hat meine Frau gesagt: „Zum Frisör musst du ja jetzt nicht mehr“, weil die vordere Haarreihe und die Augenbrauen weg waren.
Was war denn das Bizarrste, was Sie je auf dem Grill hatten?
Exotische Dinge, die ich aber nicht gemacht habe, weil ich gerne Schlange, Nilpferd oder Krokodil dauerhaft zubereiten möchte, sondern einfach nur um zu wissen, wie es funktioniert. Und ich war überrascht, dass Schlange ein ganz tolles Fleisch ist. Schmeckt im Prinzip wie Hühnchen, wunderbar saftig. Man muss sich halt daran gewöhnen, dass diese Art Wurstschnecke eben keine Wurstschnecke ist, sondern eine Schlange.
Wo bekommt man denn so was her? Ich kann doch beim Metzger meines Vertrauens keinen Python für sechs Personen bestellen?
Das gibt es tatsächlich von Gourmetversendern aus kontrollierter Bodenhaltung. Aber das ist eigentlich überhaupt nicht mein Ding, weil ich grundsätzlich nur regionales Fleisch verwende. Aber probieren wollte ich es mal.
Auf die Karte oder in die Grillakademie hat es die Schlange dann doch nicht geschafft ...
Wie gesagt – da kommt nur Regionales von der Landzunge-Vereinigung drauf. Im vergangenen Jahr haben wir 17,4 Tonnen Rind und Schwein aus der Region verarbeitet.
Welche Fehler muss man denn machen, um ein Grillfest zur absoluten Katastrophe werden zu lassen?
Das ist relativ einfach. Es beginnt schon damit, den Grill erst zehn Minuten, bevor die Gäste kommen, anzuheizen. Dann sitzen die schon mal mit langen Zähnen am Tisch, vertilgen alle Salate und stopfen sich mit Brot voll. Wenn’s dann losgeht, hat niemand mehr Hunger. Dann möchte Vati natürlich, um den Rückstand aufzuholen, die Glut etwas beschleunigen. Dazu holt er den Föhn von Mutti, pustet in diese Glut hinein, was natürlich einen Funkenflug gibt. Das heißt, die Terrasse fängt Feuer. Aber man kann ja auf der Wiese weitergrillen. Dann hat Vati aber, damit der Grill richtig abgeht, den ganzen Drei-Kilo-Sack Kohle draufgeschüttet, sodass es keine schöne Glut mit 350 Grad gibt, sondern ein Hitzeinferno nahe an der Kernschmelze. Dabei kommt das Fleisch außen – um es liebevoll zu sagen – in den krokanten Bereich und bleibt innen roh. Und dann knallt Vati – weil ja bisher keiner was gekriegt hat – viel zu viel Fleisch drauf, sodass das Grillgut der zweiten Runde ungenießbar trocken wird. Kurz: Zu spät anzünden, zu große Hitze, zu viel Fleisch drauf und einfach in Panik geraten. Damit geht’s garantiert schief.
Wie sähe denn Ihre gegrillte Henkersmahlzeit aus?
Das wäre mit Sicherheit ein mehrgängiges Menü. Und es würde sich die Rinderschulter anbieten, denn die braucht 24 Stunden im Smoker. Dadurch könnten wir den Prozess des Hängens ein bisschen rauszögern. Zum Dessert kann ich mir gegrillten Kuchen vorstellen.
Zu spät anzünden, zu große Hitze, zu viel Fleisch drauf – und einfach in Panik geraten. Winters Tipp, wie das Grillfest garantiert zum Desaster wird