Der Hühnerhof macht satt, aber nicht glücklich
Hat die Suppe super geschmeckt?“Es ist schön, wenn eine Bedienung sich für das Wohlbefinden des Gastes interessiert. Insofern darf sich die freundliche Frau im Restaurant des rustikal gestalteten Landhotels Hühnerhof schon mal getrost als Mitarbeiterin des Monats bewerben. Aber es ist verstörend, wenn sie eine mögliche Antwort bereits in die Frage packt, noch dazu in einen Superlativ. Die unverfänglichste Reaktion ist da ein maulfaules Nicken.
Um sich die ganze Wahrheit über die Suppe anzuhören, müsste die Servierdame sich schon zum Gast an den Tisch setzen. Der müsste ihr erklären, dass die Brühe so geschmacksarm ist, dass selbst geübte Gaumen nicht beurteilen können, ob diese aromenfreie Flüssig- keit haus- oder industriegemacht ist. Des Weiteren müsste sich die Bedienung die Frage gefallen lassen, warum der Schnittlauch so grob geschnitten ist, dass er zu Schluckbeschwerden führt, wenn man ihn nicht sorgfältig kaut. Wer will schon Suppe kauen? Unweigerlich käme auch die Frage, was das überhaupt soll, ebenso lange wie langweilige Spätzle – als Beilage noch berechtigt – in einer Suppentasse zu servieren, noch dazu für 3,70 Euro? Aber der höfliche Gast schweigt natürlich und hofft auf den Hauptgang. Und mit ihm weht tatsächlich ein bisschen Morgenluft an den Tisch, denn das halbe Hähnchen ist von bronzebrauner Haut umgeben. Sehr knusprig, offenbar tagesfrisch und nicht zu lange warm gehalten, weil das Ge
flügel noch nicht tro- cken vom Knochen fällt, sondern eine Restsaftigkeit bewahrt hat. Allein auch hier: Es fehlt die Würze – und damit der Genuss. Die goldgelb-leckeren Pommes können da nur ein bisschen trösten. Die Karte setzt im Übrigen ganz auf schwäbische Standards. Interessanterweise war der Salat vorab eine wahre Freude in Sachen Geschmack: Ein guter Kartoffelsalat, ein zart-säuerlicher Krautsalat, gut abgestimmte Dressings – irgendjemand in der Hühnerhofküche kann also durchaus würzen.
Als Enttäuschung entpuppt sich auch das Dessert in Form von Apfelküchle mit Eis und Sahne. Eis: Industrieprodukt. Apfelküchle: Wenn nicht schlecht eingekauft, dann schlecht gemacht. Der Teigmantel pappig, zu fest und zu lange im Fett, was auch seine unnatürliche Bräune erklärt. Kalorien, die der Mensch nicht braucht. Der Hühnerhof kann inklusive Biergarten, Sälen und Eventräumen bis zu 450 Menschen bewirten. Vielleicht ist vor dem Hin- tergrund, Massen schnell und effizient satt machen zu müssen, die Liebe zum Detail verloren gegangen. Ein Gast möchte aber nicht nur satt, sondern auch glücklich gemacht werden. Zum Abschied fragt die hypermotivierte Bedienung im Anbetracht der nur zu einem Drittel gegessenen Apfelküchle: „Ah, hat geschmeckt. Aber es war Ihnen zu viel, gell?“Tja, was soll man da antworten? Maulfaul nicken – und sich höflich verabschieden.