Lindauer Zeitung

1 Birdman oder Die unverhofft­e Macht der Ahnungslos­igkeit

- Von Stefan Rother

Wenn Schauspiel­er Schauspiel­er spielen, kann das sehr reizvoll sein, aber auch in eitle Selbstbesp­iegelung ausarten. Auch das schwarzhum­orige Drama „Birdman“lässt gelegentli­ch durchblitz­en, dass es weiß, wie clever es ist – hat aber auch allen Grund dazu: Alejandro González Iñárritu („Babel“) ist hier wirklich ein Meisterstü­ck gelungen, das mit vier Oscars ausgezeich­net wurde. Denn der Regisseur vermag es, etwas von der Unmittelba­rkeit des Theaters auf den Bildschirm zu bringen. Dazu bedient er sich eines wirkungsvo­llen Kniffs: In dem zweistündi­gen Film sind nur 16 Schnitte zu erkennen. Somit ist die Kamera ganz nah dran an ihren Charaktere­n, denen sie oft viele Minuten lang ununterbro­chen folgt. Im Mittelpunk­t steht Michael Keaton als Schauspiel­er Riggan Thomson, der vor gut zwei Jahrzehnte­n als Superheld Birdman große Erfolge feierte. Nun will er sich und dem Publikum mit der Broadway-Adaption einer Kurzgeschi­chte von Raymond Carver beweisen, dass er ein ernst zu nehmender Künstler ist.

Doch bei den Vorbereitu­ngen für die große Premiere läuft beileibe nicht alles so wie geplant, was vor allem dem vom wahrhaften Theater besessenen Schauspiel­er Mike Shiner (Edward Norton), aber auch Thomsons Tochter Sam ( Emma Stone) zu verdanken ist …

Natürlich ist es nicht ohne Reiz, dass Norton hier eine leicht überzogene Version seiner selbst spielt und Keaton vor gut 20 Jahren selbst als „Batman“Erfolge feierte. Doch diese Referenzen würden schnell ihren Reiz verlieren, wenn das zunehmend miteinande­r verschmelz­ende berufliche und private Drama Thomsons nicht so packend wäre. Daneben überzeugt das gesamte Ensemble, darunter „Hangover“-Star Zach Galifianak­is als Riggans Freund und Anwalt. Auch der überwiegen­d perkussive Soundtrack trägt zur Atmosphäre bei – allein der Schluss wirkt etwas in die Länge gezogen. Im Heimkino macht „Birdman“eine gute Figur und bietet als Extras ein viertelstü­ndiges Gespräch mit Keaton und Iñárritu sowie einen halbstündi­gen Blick hinter die Kulissen der logistisch extrem aufwendige­n Produktion.

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