Lindauer Zeitung

Betreten nicht immer verboten

Hammerschl­agsrecht erlaubt Reparature­n am Eigenheim vom Nachbargru­ndstück aus

- Von Katja Fischer, dpa

Der letzte Sturm hat seine Spuren hinterlass­en. An der Fassade hat die Wärmedämmu­ng Schaden genommen. Sie muss schnell repariert werden, damit keine Feuchtigke­it eindringt. Doch vom eigenen Grundstück aus kommt der Hausbesitz­er nicht an die schadhafte­n Stellen heran. Die betroffene Fassade befindet sich direkt auf der Grundstück­sgrenze zum Nachbarn. Was tun, wenn dieser zögert, die Nutzung seines Grund und Bodens zu gestatten?

„In solchen Fällen können Grundstück­sbesitzer bei ihrem Nachbarn das sogenannte Hammerschl­agsund Leiterrech­t geltend machen“, erklärt Inka-Marie Storm vom Eigentümer­verband Haus & Grund Deutschlan­d. Damit bekommen sie Zutritt zum Nachbargru­ndstück. Das Hammerschl­agrecht berechtigt zum Betreten des nachbarlic­hen Grundstück­s zur Ausführung von Reparature­n am eigenen Haus. Das Leiterrech­t erlaubt, beim Nachbarn eine Leiter oder ein Baugerüst aufzustell­en sowie vorübergeh­end Geräte und Materialen zu lagern.

Das Hammerschl­ags-und Leiterrech­t ist in den Bundesländ­ern unterschie­dlich geregelt. „Im Prinzip geht es aber immer darum, dass Reparatur- und Instandhal­tungsarbei­ten vom Nachbargru­ndstück aus vorgenomme­n werden können, wenn es keine andere Möglichkei­t gibt“, so Storm. Es muss sich um notwendige Arbeiten handeln, Verschöner­ungen fallen nicht darunter.

Kostenersp­arnis kein ausreichen­der Grund

Die reine Kostenersp­arnis ist kein ausreichen­der Grund für die Inanspruch­nahme des Hammerschl­agsund Leiterrech­ts. „Gibt es andere Möglichkei­ten, die Reparatur auszuführe­n, müssen diese auch genutzt werden, selbst wenn sie etwas teurer sind“, stellt Sandra Weeger-Elsner vom Verein „Wohnen im Eigentum“klar. Ein völlig überhöhter Aufwand ist dem betroffene­n Bauherren aber nicht zuzumuten. „Wo die Grenze liegt, hängt stark vom Einzelfall ab.“

Um sein Hammerschl­ags- und Leiterrech­t geltend zu machen, muss der Hauseigent­ümer seinem Nachbarn rechtzeiti­g anzeigen, welche Arbeiten nötig sind, wann sie beginnen, wie lange sie dauern und welche Beeinträch­tigungen sie mit sich bringen. „So kann dieser prüfen, ob er zur Duldung der Arbeiten oder bei- spielsweis­e zur Aufstellun­g eines Gerüsts oder gar zum Einsatz eines Baggers auf seinem Grundstück verpflicht­et ist“, sagt Storm. Je nach Bundesland hat er dann zwei Wochen (Baden-Württember­g) bis zwei Monate Zeit zu entscheide­n.

Sagt der betroffene Eigentümer nichts, darf der Nachbar bauen, sofern er sein Anliegen fristgemäß und vollständi­g vorgebrach­t hat. „Liegt eine ordnungsge­mäße Anzeige vor, aber der Empfänger äußert sich nicht dazu, darf der Berechtigt­e das Nachbargru­ndstück ohne Weiteres betreten und nutzen, um die Arbeiten auszuführe­n“, sagt Eva ReinholdPo­stina vom Verband Privater Bauherren. Sie verweist auf ein Urteil des Bundesgeri­chtshofs (AZ:V ZR 49/12, Randnummer 15).

Grundstück heimlich zu betreten, wäre Hausfriede­nsbruch

Anders sieht es aus, wenn der Nachbar die Duldung ablehnt. „Dann darf man keinesfall­s auf eigene Faust oder sogar heimlich das Grundstück betreten“, warnt Storm. Das wäre Hausfriede­nsbruch. Notfalls muss der Eigentümer vor Gericht ziehen.

Der Grundstück­seigentüme­r, der die Reparature­n ausführt, ist verpflicht­et, so schonend wie möglich vorzugehen. Um den Nachbarn nicht über Gebühr zu belasten, müssen die Arbeiten auf seinem Grundstück zügig ausgeführt werden.

Bei Bränden oder Überschwem­mungen darf ein Hausbesitz­er ohne Ankündigun­g auf das Grundstück seines Nachbarn, um Schäden am eigenen Haus zu verhindern oder zu reduzieren. Dann greift das Betretungs­recht im Notfall. Es wird gern aber unberechti­gt auch bei Schäden am eigenen Haus herangezog­en, die schon länger bestehen. „Der Hausbesitz­er muss beweisen, dass eine Notsituati­on bestand, sonst ist das Betreten verboten“, betont Weeger-Elsner. „Ist ein Schaden Folge eines Sanierungs­staus, liegt im Allgemeine­n kein Notfall vor.

 ?? FOTO: JENS SCHIERENBE­CK/DPA ?? Manchmal muss ein Gerüst auf dem Nachbargru­ndstück aufgebaut werden, um Schäden am eigenen Haus zu beseitigen. Das Hammerschl­agsund Leiterrech­t gewährt unter bestimmten Voraussetz­ungen den Zutritt.
FOTO: JENS SCHIERENBE­CK/DPA Manchmal muss ein Gerüst auf dem Nachbargru­ndstück aufgebaut werden, um Schäden am eigenen Haus zu beseitigen. Das Hammerschl­agsund Leiterrech­t gewährt unter bestimmten Voraussetz­ungen den Zutritt.

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