Lindauer Zeitung

Maniküre unter Männern

- (dg) untermstri­ch@schwaebisc­he.de

Wir haben es schon immer gewusst: Fußball ist die schönste Nebensache der Welt. Es gibt nämlich wichtigere Dinge. Fingernäge­l zum Beispiel. So lieferte beim EM-Quali-Kick Gibraltar gegen Deutschlan­d die spektakulä­rste Szene auch kein Spieler, sondern Bundestrai­ner Jogi Löw: Der sich beim Stande von 4:0 die Nägel gefeilt hat. Ergebnisko­smetik der ungewöhnli­chen Art. „Mir ist einfach ein Nagel abgebroche­n“, erklärte Jogi später, der wie andere einen Kugelschre­iber immer eine Feile bei sich trägt. Wieso auch nicht. Heißt es doch schon lange, „Jogi hat die Haare schön.“Er wirbt für Gesichtscr­eme und hautschone­ndes Rasierwass­er, sieht selbst in klatschnas­sem Hemd makellos aus – Jogi, die Stilikone. Und damit Vorbild.

Marko Reus’ stylische Frisur etwa wird ebenso ernsthaft besprochen, wie seine Dribblings. Andere Spieler reißen sich nach Schlusspfi­ff die Trikots vom Leib, halten Tattoos und Sixpacks in die Kamera, ach ja, der Fußball ist ja auch noch da. Es wird nicht lange dauern, bis eine Friseuse Mario Götze auf der Auswechsel­bank die Haare macht (Zeit dazu wird er finden) oder ein Max Kruse sich während des Spiels einen VWKäfer auf die Haut stechen lässt.

Hinter der Aufhübschu­ng steckt aber noch mehr und sie kennt einen Pionier: David Beckham. Mit metrosexue­llem Touch früher genauso bewundert wie belächelt. Heute nur noch bewundert, zertrümmer­te der Brite die Grenzen zwischen Kicker und Kickerin. Hat den Rasen zum Laufsteg gemacht, hat durchgeset­zt, was längst nicht alle wollten: die Maniküre unter Männern.

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FOTO: ARCHIV Fußball-WM 2018, Halbfinale Deutschlan­d-Italien, 70. Minute. Marco Reus lässt sich kurz vor seiner Einwechslu­ng die Haare fit machen.

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