Merkel im Visier der Hacker
Medienbericht: Rechner mit Schadprogramm infiziert
BERLIN (AFP/dpa) - Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist offenbar von dem Cyber-Angriff auf den Deutschen Bundestag persönlich betroffen. Ein Rechner aus ihrem Bundestagsbüro sei einer der ersten, bei dem ein Schadprogramm, ein sogenannter Trojaner, gefunden worden sei, berichtete die „Bild am Sonntag“.
Der Zeitung zufolge nutzten Hacker den Namen von Merkel auch für das Versenden von infizierten Mails an mehrere Bundestagsabgeordnete. Die Bundestagsverwaltung warnt jedenfalls im Intranet des deutschen Parlaments vor den falschen MerkelMails, in denen es offenbar um eine Einladung zu einer Telefonkonferenz gegangen ist.
Ein Sprecher der Unionsfraktion wollte den Bericht „weder bestätigen noch dementieren“. Auch zu der offenen Frage, ob Daten vom Rechner der Kanzlerin abgesaugt wurden, wollte sich niemand aus Merkels Umfeld äußern.
BERLIN - Der Hacker-Angriff auf den Bundestag wirft ein schlechtes Licht auf den Umgang der Politik mit dem Thema IT- und Datenschutz. Wolfgang Bosbach (CDU), Vorsitzender des Bundestagsinnenausschusses, stellte sich dazu den Fragen von Andreas Herholz.
Die Hacker-Attacke auf den Bundestag ist größer als zunächst gedacht. Hat das Parlament nicht ausreichend für die Sicherheit seines IT-Systems gesorgt?
Eins ist klar: Würde der Bundestag in seinem Netz über dieselben Sicherheitsstandards bei der Datensicherheit verfügen wie die Regierung, hätte dieser Hacker-Angriff wohl keinen Erfolg haben können. Der Deutsche Bundestag hat ganz bewusst eigene Lösungen gewählt, weil man sich nicht von der Regierung, der Exekutive abhängig machen wollte. Es ist schon überraschend, in welcher Intensität ein Angriff auf die sehr sensible IT-Infrastruktur des Bundestages über einen längeren Zeitraum möglich war, ohne dass dies zunächst entdeckt worden ist. Wir Abgeordnete müssen uns auch selbstkritisch fragen, ob wir durch unser Verhalten den Datenabfluss nicht erleichtert haben. Viele schließen auch ihre privaten Geräte an und sind zudem während laufender Sitzungen online.
Die Aufklärung gestaltet sich schwierig. Einige Abgeordnete lehnen die Hilfe des Verfassungsschutzes und des Bundesamtes für Sicherheit und Informationstechnik ab ...
Dieses große Misstrauen gegenüber dem Bundesamt für Verfassungsschutz ist für mich nicht nachvollziehbar. Das Bundesamt hat langjährige Erfahrung und Expertise bei der Aufklärung von IT-Spähangriffen von außen. Auf deren Kenntnisse zu verzichten, wäre geradezu fahrlässig. Nach allen Informationen müssen wir davon ausgehen, dass ein russischer Geheimdienst hinter dem Angriff steht.
Es gibt Kritik am Krisenmanagement von Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU). Weshalb wurden die Abgeordneten und die Öffentlichkeit erst so spät informiert?
Die Bundestagsverwaltung wollte den Sachverhalt zunächst so weit wie möglich aufklären, bevor man mit Zwischenergebnissen an die Öffentlichkeit geht. Bereits vor Wochen hatte das Thema „Cyber-Angriff auf den Deutschen Bundestag“auf der Tagesordnung des Innenausschusses gestanden. Auf Bitte von Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau ist der Punkt dann wieder abgesetzt worden, weil es zu diesem Zeitpunkt erst einen sehr dünnen Bericht gegeben hatte.