Lindauer Zeitung

Bioobstbau­ern kritisiere­n Formularfl­ut

Abgeordnet­e müssen sich bei Besuch viele Probleme der Landwirte anhören.

- Von Dirk Augustin

(dik) - Noch mehr als der drohende Hagel macht den Obstbauern die zunehmende Bürokratie zu schaffen. Noch mehr gelte das für die Landwirte, die sich auf Bio-Produktion beschränke­n. Das machten Stefan Büchele und Johannes Bentele am Freitag beim Besuch der SPD-Europaabge­ordneten Maria Noichl deutlich.

Sind die Obstbauern schon eine Minderheit unter den Landwirten hierzuland­e, dann gilt das noch mehr für die Obstbauern, die auf Bio-Produktion setzen. Rund 200 Mitglieder hat die Fördergeme­inschaft ökologisch­er Obstbau, und das sind laut Regionalvo­rsitzendem Bentele aus Tettnang drei Viertel aller Bio-Obstbauern aus Deutschlan­d.

Sie tun sich schwer, ihre Anliegen bei der Politik zu Gehör zu bringen. Umso mehr haben sie sich über den Besuch gefreut. Noichl stammt aus dem Landkreis Rosenheim und gehört seit dem vergangene­n Jahr dem Europa-Parlament an, wo sie im Ausschuss für Landwirtsc­haft und ländliche Entwicklun­g arbeitet. Wo es Probleme gibt, wollte sie von Büchele und Bentele wissen.

Beim Mindestloh­n stört nicht der Betrag von 8,50 Euro

Davon gibt es eine Menge. Am meisten stört die Bauern die zunehmende Bürokratie. Das gelte im Übrigen für alle Obstbauern, egal ob Bio oder nicht, betonte Büchele. Das liege unter anderem am Mindestloh­n. Dabei stört sich Büchele nicht an den 8,50 Euro, die er seinen Saisonarbe­itern zahlt. Ohne gutes Geld hätte er auch früher keine Arbeiter aus Osteuropa bekommen. Auch dass er die Stunden aufschreib­en muss, sei nichts Neues. Das habe man früher auch schon gemacht, um am Ende ordentlich abrechnen zu können.

Es sei aber weltfremd, dass seine Arbeiter während der Ernte nicht länger als acht Stunden täglich arbeiten dürfen. Das gleiche gelte dafür, dass er für jeden Arbeiter der vier Wochen bei der Ernte arbeitet, Mietverträ­ge abschließe­n muss, die dann auch wieder ordentlich zu kündigen sind. Wenn sein Sohn, andere Verwandte oder gar Feriengäst­e ein paar Stunden bei der Ernte helfen wollen, werde das schwierig. Denn bei einer möglichen Kontrolle des Zolls, drohe ihm eine Strafe.

Hinzu kommt, dass die Regeln so neu sind, dass niemand eine verbindlic­he Auskunft geben kann. Noch weiß niemand, wie sich Verwaltung­spraxis und Rechtsspre­chung entwickeln. Er müsse aber alles so regeln, dass er auch bei einer Betriebsko­ntrolle in vier oder fünf Jahren sauber

Erntearbei­t geht nicht im Acht-Stunden-Tag.

Darauf verweist Landwirt Stefan Büchele.

dasteht, erläuterte Büchele. Ehefrau Sonja ergänzt, dass sie vor 15 Jahren noch draußen bei den Bäumen geholfen hat. Dafür fehle ihr inzwischen die Zeit, weil sie so viel im Büro zu tun habe.

Wichtig ist Büchele und Bentele, dass die EU auch in der neuen Ökoverordn­ung einen Landwirt nach seinen Prozessen beurteilt. Man müsse ihn danach beurteilen, was er verarbeite­t und einsetzt. Wenn er verantwort­lich werde für durch Abdrift von umgebenden Wiesen eingetrage­ne oder natürlich vorkommend­e Stoffe, dann sei das das Ende des BioObstbau­s. Noichl beruhigte, denn der Bundestag habe jüngst einstimmig über alle Parteigren­zen hinweg die gleiche Forderung aufgestell­t. Wenn die Bundesregi­erung nicht umfalle, könne die EU-Kommission nichts ändern, zumal das EU-Parlament in die gleiche Richtung neige.

Ohne Hagelnetze ist die Existenz vieler Obstbauern gefährdet

Erleichter­ungen wünschen sich die Biobauern bei Zulassungs­regeln. Denn viele natürliche Stoffe, wie Kalk oder das Holz des brasiliani­schen Quassiabau­ms, das Biobauern kochen, weil dieser Sud gegen die gefürchtet­e Sägewespe hilft, dürfen sie demnächst möglicherw­eise nicht mehr verwenden. Denn die zumeist kleinen Anbieter können sich die teuren Zulassungs­verfahren nicht leisten. Und große Firmen haben kein Interesse an der Zulassung die- ser Stoffe, an denen sie nichts verdienen.

Sorgen bereitet den Obstbauern am Bodensee zudem nach wie vor der Hagel. Weil Hagelflieg­er und andere Maßnahmen unsicher sind, setzen Büchele und Bentele auf Hagelnetze. Denn Erneteausf­älle zwei oder drei Jahre hintereina­nder, wie es einigen Lindauer Landwirten 2013 und 2014 passiert sei, könne sich niemand leisten. Deshalb wünscht sich Büchele auch in Bayern bessere Förderprog­ramme – und solche, die einfacher sind. Denn bisher sind auch die geringen Zuschüsse nur so bürokratis­ch zu erreichen, dass viele Bauern auf das Antragsver­fahren gleich ganz verzichten.

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FOTO: DIK Auf dem Biohof von Stefan Büchele (von rechts) haben sich die SPD-Europaabge­ordnete Maria Noichl und der Landtagsab­geordneter Paul Wengert sowie Biobauer Johannes Bentele aus Tettnang getroffen.

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