Die Empörte
In Madrid herrscht Revolutionsstimmung. Drinnen im Rathaus übernimmt Manuela Carmena, die Kandidatin der spanischen Protestbewegung, als Bürgermeisterin die Macht. Draußen, vor den Toren des Stadtpalastes, singen Hunderte Bürger „Sí, se puede“, was sich übersetzen lässt mit „Ja, es ist möglich“.
Das politische Wunder, das viele nicht für möglich hielten, ist vollbracht: Die „Empörten“, die jahrelang auf der Straße gegen Korruption, Geldverschwendung und als ungerecht empfundene Spardiktate protestierten, regieren nun in der spanischen Hauptstadt – dem politischen und wirtschaftlichen Zentrum Spaniens.
Der Aufstieg der linksalternativen Manuela Carmena zur obersten Bürgerin Madrids symbolisiert den politischen Umbruch, der momentan im ganzen Land zu spüren ist. „Wir wollen mehr öffentliche Ehrlichkeit“, sagte die 71-Jährige bei ihrem Dienstantritt. Und viel Bescheidenheit und Bürgernähe. Mit ihrer ersten Amtshandlung kürzte sie ihr Bürgermeistergehalt: Statt der 100 000 Euro Jahreseinkommen, das ihre konservative Vorgängerin Ana Botella bezog, bekommt Carmena nur 45 000 Euro.
Obwohl Manuela Carmena als Galionsfigur der auf der Straße geborenen Protestbewegung ins Rathaus einzog, gehört diese Spitzenfrau keiner Partei an und ist zudem eine ausgewiesene Expertin im Bürokratie-Dschungel: Sie diente dem Staat jahrzehntelang als Richterin – bis sie in den (Un)Ruhestand ging. In jungen Jahren war sie eine engagierte Rechtsanwältin, die gegen die 1975 untergegangene rechte FrancoDiktatur und für die Demokratie kämpfte.
In der Kommunalwahl bekam Carmena, die vor wenigen Monaten den meisten Bürgern noch völlig unbekannt war, 32 Prozent der Stimmen. Sie war unter der Flagge des alternativen Parteienbündnisses „Ahora Madrid“(„Jetzt Madrid“) angetreten, das von Podemos und anderen linken Parteien getragen wird. (ze)