Lindauer Zeitung

Rückschlag für Obama bei Handelsabk­ommen

Kritiker befürchten, dass in USA angesiedel­te Jobs in Billiglohn­länder verlagert werden

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WASHINGTON (AFP) - Die Demokraten von US-Präsident Barack Obama haben die geplanten Freihandel­sabkommen mit der Europäisch­en Union (TTIP) und dem Pazifikrau­m (TPP) torpediert. Im Repräsenta­ntenhaus in Washington blockierte­n sie am Freitag ein Gesetz, das Obama die Verhandlun­gen über die Abkommen erleichter­n soll. Der Präsident hatte mit einem seltenen Besuch im Kongress zuvor noch versucht, persönlich die Skeptiker in seiner Partei umzustimme­n.

Das Repräsenta­ntenhaus votierte dank der großen Unterstütz­ung in den Reihen der opposition­ellen Republikan­er zwar knapp für die sogenannte Trade Promotion Authority (TPA). Kurz zuvor hatte aber eine breite Mehrheit von Demokraten und Republikan­ern gegen ein Hilfsprogr­amm für US-Arbeitnehm­er gestimmt, die von Jobverlage­rungen ins Ausland betroffen sind. Weil beide Maßnahmen miteinande­r verknüpft sind, hängt das TPA-Gesetz nun im Repräsenta­ntenhaus fest.

Das Gesetz würde es Obama ermögliche­n, Freihandel­sabkommen ohne Querschüss­e aus dem Kongress auszuhande­ln und dem Parlament zu einer einfachen Abstimmung vorzulegen. Einzelne Abgeordnet­e könnten das Vertragswe­rk dann nicht mehr mit Anträgen nachträgli­ch ändern oder mit Verfahrens­tricks aufhalten.

Ablehnung im linken Flügel

Das Weiße Haus und die Führung der Republikan­er im Kongress treten in seltener Einigkeit für mehr Freihandel ein. Insbesonde­re im linken Flügel der Demokraten stoßen die Pläne aber auf Ablehnung. Kritiker befürchten, dass in den USA angesiedel­te Jobs in Länder mit niedrigen Löhnen verlagert werden. Außerdem treibt einige Abgeordnet­e die Sorge um, die Unterstütz­ung der Gewerkscha­ften für ihre Wiederwahl zu verlieren.

Obama hatte sich am Freitagmor­gen mit demokratis­chen Abgeordnet­en getroffen, um sie von seiner Freihandel­sagenda zu überzeugen. Doch die Worte des Präsidente­n, der in weniger als zwei Jahren aus dem Amt scheidet, hatten offenbar nicht genug Gewicht. Sogar die demokratis­che Fraktionsv­orsitzende Nancy Pelosi gab ihre Ablehnung zu Protokoll. „Was auch immer das Abkommen mit anderen Ländern angeht, wir wollen einen besseren Deal für die amerikanis­chen Arbeiter.“

Obama rief das Repräsenta­ntenhaus auf, „so schnell wie möglich“erneut abzustimme­n. Nur so könnten US-Unternehme­n „in Amerika gefertigte Waren in den Rest der Welt verkaufen“. Sein Sprecher Josh Earnest wertete die Abstimmung als „weiteres Missgeschi­ck“im Gesetzgebu­ngsverfahr­en und zeigte sich zuversicht­lich, dass am Ende eine Mehrheit stehen werde. Der republikan­ische Mehrheitsf­ührer im Repräsenta­ntenhaus, Kevin McCarthy, zeigte sich „enttäuscht“von dem Votum und rief die Demokraten auf, ihre Haltung zu „überdenken“. „Wir müssen diese Arbeit zu Ende führen.“Der republikan­ische Vorsitzen- de des Repräsenta­ntenhauses, John Boehner, stellte ein neues Votum über das Paket in Aussicht, das kommende Woche stattfinde­n könnte. Der Senat hatte das beschleuni­gte Verhandlun­gsmandat für Obama bereits im vergangene­n Monat verabschie­det, auch hier hatten die Demokraten zunächst gegen den Präsidente­n revoltiert.

Pazifik-Abkommen fortgeschr­itten

Das Hauptaugen­merk Washington­s liegt derzeit auf den Gesprächen über das Pazifik-Abkommen, die deutlich weiter fortgeschr­itten sind als die TTIP-Verhandlun­gen. Der geplanten Pazifik-Freihandel­szone sollen neben den USA elf Länder angehören: Australien, Brunei, Chile, Japan, Kanada, Malaysia, Mexiko, Neuseeland, Peru, Singapur und Vietnam. Obamas Regierung hofft auf einen Abschluss bis Jahresende. Seit rund zwei Jahren laufen auch Verhandlun­gen über einen Handelspak­t mit der EU, die aber nur mühsam vorankomme­n.

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