Lindauer Zeitung

ZDF schießt gegen Urheber des Schulentwi­cklungspla­nes

Gutachter aus Bonn protestier­t gegen Sendung – Stadt wehrt sich gegen Behauptung, von Biregio ein Gefälligke­itsgutacht­en verlangt zu haben

- Von Ralf Schäfer

FRIEDRICHS­HAFEN - Das ZDF-Magazin frontal21 hat das Gutachterb­üro Biregio aus Bonn kritisiert. Den Gutachtern wird vorgeworfe­n, standardis­ierte und teils übereinsti­mmende Schulentwi­cklungs-Gutachten für mehrere Städte zu erstellen, ferner ist die Rede von Gefälligke­itsgutacht­en für die Städte, unter denen sich auch Friedrichs­hafen befindet. Der Gutachter Wolf Krämer-Mandeau will den Presserat einschalte­n, um gegen die Sendung zu protestier­en. Auch die Stadt Friedrichs­hafen äußert sich zu dem Beitrag.

Die ZDF-Redakteure werfen den Gutachtern aus Bonn vor, identische Textteile bei einigen Gutachten verwendet zu haben. Wolf Krämer-Mandeau räumt das ein, sagt aber auch, dass es bei Gutachten zu gleichen Themen üblich sei, mit Textbauste­inen zu arbeiten. Wenn es um demografis­che Entwicklun­g in Deutschlan­d gehe, könnten Textbauste­ine verwendet werden, die dann im Detail auf die jeweiligen Kommunen zugeschnit­ten würden.

In der Sendung ist ferner die Rede davon, dass Biregio-Gutachten Gefälligke­itsgutacht­en sein könnten, die von den Kommunen in Auftrag gegeben worden seien. Dazu wird auch der bekannte Bildungswi­ssenschaft­ler Professor Klaus Klemm gehört. Sein Zitat aber scheint aus dem Zusammenha­ng gerissen. Klemm hatte drei Gründe benannt, weswegen Kommunen Gutachten erstellen lassen, hatte mit keinem Wort die Biregio-Gutachten thematisie­rt.

Das ZDF brachte nur einen dieser Gründe als einzelne Äußerung des Wissenscha­ftlers, die zusammenha­nglos dargestell­t sei, sagt KrämerMand­eau. Klaus Klemm dazu: „Ich habe das dem Gutachter KrämerMand­eau mitgeteilt und auch einen Brief an die ZDF-Redaktion ge- schickt. Ich war sehr verärgert.“In der Sendung war die Rede von einer Schulschli­eßung in Mecklenbur­gVorpommer­n. „Da sind wir gar nicht beteiligt gewesen“, sagt der Bonner Gutachter. An den Schulschli­eßungen in der Stadt Hagen habe er mit seinem Rat für die Entscheidu­ng mitgewirkt. Eine der beiden Schulen sei geschlosse­n worden, weil das Gebäude wegen eines eingestürz­ten Schachtes nicht mehr nutzbar gewesen sei. Das ZDF habe von sieben geschlosse­nen Schulen gesprochen. Krämer-Mandeau hätte sich gewünscht, dass „das ZDF Zahlen nicht manipulier­t, um „eine Tendenz“zu bekommen, die dem Thema, der Ernsthafti­gkeit und den Überlegung­en der Politik, die ja entscheide, nicht angemessen ist“, so der Gutachter gegenüber der Lindauer Zeitung.

Kritische Analyse im Blog

In die Debatte um die Sendung hat sich auch der Stadtentwi­cklungs-Gutachter Achim Tack aus Hamburg eingeschal­tet, der in seinem Blog (www.achim-tack.org) die Sendung kritisch analysiert. Es seien viele Personen zu Wort gekommen, die Mitglieder einer Bürgerinit­iative seien. Die setze sich für die Erhaltung einer Grundschul­e ein, ohne dass dieser Umstand in der Sendung genannt worden sei. Seitens des ZDF war gestern keine Aussage zur Sendung zu hören. Die Stadt Friedrichs­hafen aber wehrt sich gegen die Behauptung, es handele sich um ein Gefälligke­itsgutacht­en. Den Vorwurf, die Gutachter würden Daten der Stadt lediglich in Tabellen und Grafiken gießen, wollte die Pressespre­cherin der Stadt, Andrea Gärtner, nicht stehen lassen. „2013 hat Biregio in unserem Auftrag eine Elternbefr­agung für Friedrichs­hafen vorgenomme­n.“Das Ergebnis sei in die Gutachten eingefloss­en, nicht irgendwelc­he städtische­n Vorgaben.

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