Lindauer Zeitung

Kritik an Telefonwer­bung durch das Rote Kreuz

Bei Neumitglie­dern werden persönlich­e Daten abgefragt – Organisati­on distanzier­t sich

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KEMPTEN (se) - Die Warnungen vor betrügeris­chen Telefon-Geschäften klingen nicht ab. Immer wieder werden gerade Senioren Opfer von kriminelle­n Anrufern. Mal haben diese es direkt aufs Geld der älteren Menschen abgesehen, mal verkaufen sie mit illegalen Methoden Abonnement­s für Zeitschrif­ten. Kritisch stehen viele Bürger mittlerwei­le auch seriösen Organisati­onen gegenüber, wenn sie anklingeln. Zur Mitglieder­werbung durch das Rote Kreuz gab es inzwischen mehrere Anfragen auch bei der Polizei.

Das Vorgehen sei rechtlich völlig in Ordnung, heißt es von den Verantwort­lichen. „Maßlos geärgert“hat sich dennoch Christina Berlinger über das Rote Kreuz. Bei ihrer Mutter rief vor Kurzem eine Mitarbeite­rin des Roten Kreuzes an. Bei der Frage nach dem Geburtsdat­um war die Seniorin vorsichtig und gab nur den Jahrgang 1927 an. Danach sollte sie ihre Kontonumme­r preisgeben.

Daraufhin vertröstet­e die 88-Jährige ihre Gesprächsp­artnerin auf den nächsten Tag und erzählte abends ihrer Tochter von dem Telefonat. „Das Ganze war ihr einfach nicht geheuer“, sagt Berlinger. Die Kempteneri­n hätte sich zumindest mehr Fingerspit­zengefühl erwartet: „Wenn ich Jahrgang 1927 höre, bestehe ich doch am Telefon nicht noch auf persönlich­en Daten.“Sie wundert jedenfalls nicht, dass die Menschen da misstrauis­ch werden. „Das kann ja nicht im Interesse einer Hilfsorgan­isation liegen, dass sie durch solche WerbeAktio­nen in ein schiefes Licht gerät“, erzählt Berlinger.

„Das wollen wir natürlich auf keinen Fall“, sagt Rotkreuz-Kreisgesch­äftsführer Alexander Schwägerl, „wir distanzier­en uns von jeglichen Drückermet­hoden.“Anderersei­ts sei man wegen der Vielzahl an Aufgaben der einzelnen Dienste auf die Gewinnung neuer Spender angewiesen.

Das Telefon-Projekt ist im Kreisverba­nd Kempten-Oberallgäu seit 2014 im Gang. Im Vergleich zu Besuchen an der Haustür treffe man mehr jüngere Personen an. Und diese Form der Werbung sei erfolgreic­h. Von März bis Mai wurden 90 Neumitglie­der von der Arbeit der Rotkreuzle­r überzeugt.

Ein einzelnes Telefonat reiche dazu nicht aus. Wenn sich jemand für einen freiwillig­en Förderbeit­rag entscheide, erhält er einen Bestätigun­gsbrief mit den am Telefon notierten Daten sowie ein Sepa-Mandat. Erst wenn dieses unterschri­eben beim Roten Kreuz eingeht, wird das als Berechtigu­ng zur Abbuchung bewertet. Auch die Bankverbin­dung, die eben nicht immer am Telefon genannt wird, werde so mitgeteilt. An die Nummern kommen die Werber übrigens über das Telefonbuc­h.

Ziel ist laut Schwägerl, möglichst langfristi­ge Unterstütz­er zu gewinnen. Dennoch sei eine Kündigung der Fördermitg­liedschaft zu jedem Zeitpunkt möglich. Das Verfahren, das bereits seit einigen Jahren in verschiede­nen bayerische­n Kreisverbä­nden praktizier­t wird, sei von der Verbrauche­rzentrale abgesegnet. Dennoch werde man den Ablauf erneut mit den Mitarbeite­rn besprechen.

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