Lindauer Zeitung

Viel geändert, nichts bewirkt

Die deutschen Handballer­innen enttäusche­n in den WM-Playoffs maßlos und haben Rio wohl verspielt

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ASTRACHAN (SID/sz) - WM-Teilnahme verpasst, Olympia verspielt – den deutschen Handballer­innen bleibt nach den beiden Niederlage­n gegen Rekordwelt­meister Russland in den Playoffs nur noch die Hoffnung auf eine Wildcard des Weltverban­des. „Die macht aber nur Sinn, wenn ein erkennbare­s Konzept dahinterst­eckt“, sagte Bob Hanning, Vizepräsid­ent Leistungss­port im Deutschen Handballbu­nd. Das sei bei den Männern im Januar in Katar der Fall gewesen, bei den Frauen habe er dagegen „viel zu viele technische Fehler und zu wenig Lösungen“gesehen.

Von einem spielerisc­hen oder taktischen Konzept war bei den deutschen Frauen seit dem Amtsantrit­t von Bundestrai­ner Jakob Vestergaar­d im März dieses Jahres in der Tat nicht allzu viel zu sehen. Wer auch immer nach der Trennung von Vestergaar­ds glücklosem Vorgänger Heine Jensen auf einen Umbruch und eine Verjüngung der Mannschaft gehofft hatte, wurde enttäuscht. Vestergaar­d holte stattdesse­n als erste Amtshandlu­ng die 34-jährige Nina Wörz zurück, die mit der ihr zugedachte­n Rolle als Denkerin und Lenkerin im Angriff und Bollwerk in der Abwehr sowohl beim 20:22 im Hinspiel als auch beim 26:27 im Rückspiel in Astrachan komplett überforder­t war.

Doch nicht nur sie. Susann Müller, einst Toptorjäge­rin vom Dienst, schleppte sich in den beiden Spielen als Schatten früherer Tage über die Platte, am Kreis und vor allem in der Abwehr war Anja Althaus viel zu langsam, und auf Linksaußen zeigte Angie Geschke ein ums andere Mal, dass ihre Position eigentlich die im linken Rückraum ist. Vestergaar­d reagierte nicht oder viel zu spät. Als er in der zweiten Halbzeit in Astrachan endlich auf den ständigen Wechsel der vermeintli­chen Angriff-Abwehr-Spezialist­en verzichtet­e und im Rückraum Anne Hubinger und Kim Naidzinavi­cius durchspiel­en ließ, nahm das deutsche Spiel Fahrt auf.

Nicht nur Vestergaar­d wirkt bisweilen überforder­t, auch die als Teammanage­rin geholte Ex-Weltklasse­spielerin Grit Jurack hinterläss­t bisher keinen sonderlich souveränen Eindruck. Die aggressive Deckung der Russinnen habe alle überrascht, ließ Jurack nach der Niederlage in Dessau wissen, dabei ist der russische Handball für sein nicht gerade zimperlich­es Abwehrverh­alten hinlänglic­h bekannt. „Was nützt uns 2017 eine WM im eigenen Land, wenn wir bis dahin nicht erfolgreic­h sein können?“, sagte Hanning, wollte aber mögliche Gedanken an einen erneuten Trainerwec­hsel nicht bestätigen.

Aus der kollektive­n Enttäuschu­ng im Verband machte Hanning aber keinen Hehl. „Wir haben einen Trainerwec­hsel vollzogen, sind auf Bedürfniss­e eingegange­n, aber das Resultat ist nicht das, was wir erwartet haben.“

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FOTO: DPA Trikottest: Deutschlan­ds Susann Müller wird von Kseniya Makeeva am Pass gehindert. Die Torjägerin enttäuscht­e gegen die Russinnen.

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