Hitze plagte auch das Alp-Vieh
Die ersten Viehscheide läuten das Ende des Bergsommers ein
WANGEN - Abschied von den Hochweiden: Im Allgäu, dem Bregenzer Wald und der Nordostschweiz beginnen die Viehscheide. Heuer sind die verschiedenen alpwirtschaftlichen Vereine durchaus froh, dass es für das Vieh wieder talwärts geht.
Vier Hitzewellen verteilt über acht Wochen haben die Furcht keimen lassen, das Gras in den Bergen könne verdorren. In Vorarlberg mussten etwa 8000 Rinder früher als geplant zurück in die heimischen Ställe. In Teilen der Schweiz flog das Militär mit Hubschraubern Wasser zu Hochweiden. Auch im Allgäu wurde teilweise Wasser hinaufgebracht – aber nur über Bergwege. Einen früheren Abtrieb gab es hier nicht.
Alpsommer macht Tiere robust
In den Allgäuer Alpen waren dieses Jahr rund 28 000 Jungrinder, 2700 Milchkühe, 500 Schweine sowie ein paar Hundert Pferde und Schafe in der hoch gelegenen Sommerfrische. Wie im alemannischen Sprachraum üblich, heißen diese Weiden hier Alpen statt Almen. 691 gibt es im Allgäu noch. Viele sind in den vergangenen Jahrzehnten aufgegeben worden, weil sie zu abgelegen waren. Doch die Alpwirtschaft ist nach wie vor beliebt. Tiere, die einen Bergsommer hinter sich gebracht hätten, seien viel robuster als ihre im Tal verbliebenen Artgenossen, heißt es vom Alpwirtschaftlichen Verein Allgäu. Herz, Kreislauf, Muskulatur und Knochenbau würden durch den langen Aufenthalt im Freien gestärkt.
Spezielle Zwischenfälle werden aus dem Allgäu nicht gemeldet. Auch dieses Jahr sind Hirten und Herden offenbar von größeren Unfällen verschont geblieben, heißt es aus dem Landratsamt Oberallgäu in Sonthofen. Einzelheiten will der bayerische Landwirtschaftsminister Helmut Brunner (CSU) am Freitag beim Viehscheid in Bad Hindelang bekannt geben. Der im Ostrachtal gelegene Ort gehört heuer zu den ersten im Allgäu, die das Ende des Alpsommers begehen.
Negativ bemerkbar machte sich im Sommer im Verbund mit der Trockenheit die Hitze. Mancher Bauer zwischen Allgäu, Bregenzer Wald und eidgenössischem Alpstein musste finanzielle Einbußen hinnehmen. Wegen der starken Sonneneinstrahlung war das Gras oft nicht so saftig wie gewohnt. Dies bedeutete wiederum, dass weniger Milch produziert wurde.
Bei der regionalen alpwirtschaftlichen Krise um Rinder-TBC scheint es zumindest im Allgäu eine deutliche Entspannung zu geben. Die Jahre davor waren immer wieder Tiere nach einem Aufenthalt in den Bergen infiziert gewesen. Durch Reihenuntersuchungen, der Sperrung von Höfen mit kranken Tieren sowie dem Töten dieser Rinder ist es den Veterinären offenbar gelungen, die Seuche in den Griff zu bekommen. Im Laufe des Alpsommers seien keine TBCErkrankungen bei Alptieren bekanntgeworden, sagt der Oberallgäuer Landrat Anton Klotz (CSU). Auch bei den Auftriebsuntersuchungen im vergangenen Winter und Frühjahr war nur noch bei einem einzigen Rind ein TBC-Ausbruch bekannt geworden.
Dennoch denkt das Landratsamt Oberallgäu an erneute TBC-Tests. Sie sollen aber nur noch gesömmerte Rinder von den Alpen südlich von Oberstdorf betreffen. Dort lagen in der Vergangenheit die TBC-Brennpunkte.
Scheint das eine Problem gelöst, taucht ein neues auf – dieses Mal ein recht skurriles. Durch Uni-Studien befeuert, fordern Tierschützer ein Ende der jahrhundertealten Kuhglocken-Tradition. Das Bimmeln sei für die Rinder eine Quälerei, glauben sie. Zudem sei durch eine neue Doktorarbeit in Zürich nachgewiesen, dass glockenbehängte Kühe weniger Milch geben. Die Hirten wehren sich. Nur durch Geläut könnten die Tiere in den Bergen sicher gefunden werden, sagen sie. Als Kompromiss wird nun an GPS-Kuhbändern zur satellitengesteuerten Ortung gearbeitet.