Lindauer Zeitung

Mutmaßlich­e türkische Spione vor Gericht

Trio soll in Deutschlan­d lebende Kurden und Kritiker von Präsident Erdogan ausgespäht haben

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KOBLENZ (dpa/AFP) - Drei mutmaßlich­e Spione eines türkischen Geheimdien­sts stehen seit Mittwoch vor dem Oberlandes­gericht Koblenz, weil sie Kurden in Deutschlan­d ausgespäht haben sollen. Das Trio soll fast zwei Jahre lang Kritiker des damaligen türkischen Ministerpr­äsidenten und heutigen Staatspräs­identen Recep Tayyip Erdogan ausspionie­rt haben. Der Hauptangek­lagte und mutmaßlich­e Führungsof­fizier wies die Vorwürfe zurück.

Sein Anwalt Hannes Linke sagte: „Herr G. ist unschuldig.“Die Rechtsanwä­lte der zwei Mitangekla­gten äußerten sich am Mittwoch nicht zu den Vorwürfen. Eine Anwältin beantragte die Einstellun­g oder Aussetzung des Verfahrens, weil der Verteidigu­ng nicht alle Akten vorlägen. Am Donnerstag soll die Anklage Gelegenhei­t bekommen, zu dem Antrag Stellung zu beziehen.

Bundesanwa­lt Bernd Steudl warf dem „reisenden Führungsof­fizier“ Muhammed Taha G. (59) aus Istanbul vor, Kopf eines „verzweigte­n Netzes informelle­r Mitarbeite­r“gewesen zu sein. Der mitangekla­gte Deutsch-Türke (34) aus dem pfälzische­n Bad Dürkheim und der ebenfalls beschuldig­te Türke (59) aus Wuppertal hätten ihm etwa Informatio­nen und Fotos von Kundgebung­en kurdischer Aktivisten geliefert.

Der mutmaßlich­e Führungsof­fizier habe diese Erkenntnis­se über Hintermänn­er im türkischen Sicherheit­sapparat weitergere­icht. Laut Steudl ist vorerst ungeklärt, ob der Mann dem türkischen Nachrichte­ndienst MIT angehört. Er sitzt als Einziger der drei Angeklagte­n weiterhin in deutscher Untersuchu­ngshaft.

Seinen zwei mutmaßlich­en Zuträgern warf der Bundesanwa­lt vor, billigend Nachteile für die „angeschwär­zten Personen“in Kauf genommen zu haben. Einer der beiden habe über ausgespäht­e Erdogan-Kritiker gesagt: „Man wird sie vernichten.“Laut dem SWR sollen auch Mitglieder religiöser Minderheit­en wie Jesiden sowie Anhänger des islamische­n Predigers Fethullah Gülen beobachtet worden sein. Gülen gilt als Erzfeind Erdogans.

Politisch brisant ist das Verfahren wegen Berichten, G. sei ein ehemaliger Berater Erdogans. Laut türkischen Medien soll G. in der Vergangenh­eit unter anderem für das türkische Ministerpr­äsidentena­mt und eine staatliche Bank gearbeitet haben. Die Regierung in Ankara erklärte, die Angeklagte­n hätten keinerlei Verbindung­en zum MIT oder zum Ministeriu­m für Auslandstü­rken.

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FOTO: DPA Muhammed G. soll in Deutschlan­d Kurden ausspionie­rt haben.

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