Die Flüchtlinge können kommen
Landratsamt und Rettungsdienste haben Dreifachturnhalle Lindenberg für die Erstaufnahme vorbereitet
LINDAU (dik) - Der Anruf aus Augsburg kam kurzfristig, aber die Dreifachturnhalle in Lindenberg war vorbereitet. Die Helfer standen bereit. Am späten Mittwochabend sind die Flüchtlinge in Lindenberg angekommen.
Landrat Elmar Stegmann erwartete den Anruf quasi stündlich, denn die bis zu 250 Kinder, Frauen und Männer waren ihm für Mitte dieser Woche angekündigt worden. Genau hat er es aber erst zwei bis drei Stunden, bevor die Busse mit den Flüchtlingen tatsächlich in Lindenberg eintrafen, erfahren. Damit es dann reibungslos klappt, hatten die Helfer alles perfekt vorbereitet, wie Stegmann und seine Mitstreiter am Mittwochmorgen der Presse zeigen.
250 Matratzen haben die THWHelfer bereits am Wochenende aus der leerstehenden Siedlung Bayernpark in Lindenberg geholt und mit blauen Bezügen versehen. Sie liegen mit nicht mal einem halben Meter Abstand in Reihen in der Halle. So werden sie nicht mehr liegen, wenn die Flüchtlinge tatsächlich da sind, denn Familien dürfen zusammenrücken, während Familien zu Alleinstehenden erfahrungsgemäß ein wenig auf Abstand gehen.
Die Ausstattung ist überall gleich: Auf den Matratzen liegen eine Ein- mal-Bettdecke, Kissen sowie Bezüge. Überall in der Halle verteilt sind Zettel angeklebt mit der Hausordnung und den Regeln zum Feuerschutz – jeweils auf Englisch und Arabisch. Piktogramme weisen deutlich darauf hin, dass das Rauchen in der Halle verboten ist. Einen Raucherbereich gibt es in einem Teil des Schulhofs, der auch nach dem Schulstart in der kommenden Woche den Flüchtlingen vorbehalten bleibt.
Die Flüchtlinge sind meist sehr, sehr hungrig
An einer Wand ist eine Spielecke für Kinder eingerichtet, in einem Plastiksack liegen Bälle bereit, um damit draußen herumzutoben. Zur Ausstattung gehört ein Tubenwaschmittel, also gibt es auch ausreichend Wäscheständer, damit die Menschen ihre Kleidung trocknen können.
In der Essensausgabe stehen viele Flaschen stilles Mineralwasser bereit, weil die Helfer aus anderen Einrichtungen wissen, dass die Flüchtlinge eigentlich nur Wasser, Tee oder Kaffee trinken. Ebenfalls aus den Erfahrungen anderer Einrichtungen speist sich das Essensangebot: Zum Frühstück und mittags wird es Lunchpakete geben, in denen vor allem viel Weißbrot ist. Abends wird das Rote Kreuz eine warme Mahlzeit anbieten – dazu gibt es aber immer auch Weißbrot.
Christine Münzberg, die im Landratsamt verantwortlich für den Bereich Sicherheit und Ordnung ist und damit zuständig für die Erstaufnahme der Flüchtlinge ist, erklärt den Ablauf: Wenn die Busse ankommen, bekommen die Flüchtlinge zuerst etwas zum Essen. Denn erfahrungsgemäß seien die wirklich ausgehungert. Danach steht eine ärztliche Untersuchung an, bevor Mitarbeiter der Regierung von Schwaben die Menschen registrieren. Dann erhalten sie eine Tüte mit der Erstausstattung, sprich mit Zahnbürste, Seife, Handtuch und anderen Hygieneartikeln. Die Helfer haben solche Tüten für Babys, Kinder, Frauen und Männer vorbereitet.
Vorbereitet sind auch die Kleider, mit denen Helfer die Flüchtlinge ebenfalls ausstatten werden. Dann geleiten Helfer jeden Flüchtling zu den Matratzen und sind beim Beziehen behilflich, bevor die Menschen ihre Ruhe bekommen und schlafen dürfen.
„Das sind Menschen auf der Flucht, die wir hier menschenwürdig
unterbringen.“
Landrat Elmar Stegmann
Ärzte untersuchen die Menschen sofort auf TBC und Parasiten
Amtsarzt Michael Bauerdick vom Gesundheitsamt erklärt, dass zwei Assistentinnen bei den Menschen Fieber messen und sie auf Kopfläuse hin untersuchen. Danach stehen vier Ärzte bereit, die Herz abhorchen, Bauch abtasten, Lunge auf Tuberkulose hin prüfen und die Haut auf Parasiten untersuchen.
20 Dolmetscher, die verschiedene afrikanische Sprachen, die beiden afghanischen Sprachen und Arabisch sprechen, sind dabei, damit die Ärzte die Flüchtlinge nach möglichen Krankheiten und Verletzungen befragen können. Mit diesen Dolmetschern arbeitet das Landratsamt seit langem zusammen. Stegmann weiß aber, dass seine Mitarbeiter möglicherweise noch jemanden suchen müssen, der eine exotische Sprache spricht. Denn noch kann niemand sagen, aus welchen Ländern die Flüchtlinge sind, die nach Lindenberg kommen.
Niemand sollte als Helfer oder mit Spenden an die Halle kommen
Sollte jemand schwer krank sein, kommt sie oder er sofort ins Krankenhaus. Andere kommen nötigenfalls in ärztliche Behandlung, außerdem stehen Sanitäter des Roten Kreuzes bereit. Mit der Stadtapotheke Lindenberg ist die Versorgung der Flüchtlinge mit Medikamenten sichergestellt.
Nach der Erstaufnahme bleiben die Flüchtlinge etwa eine Woche in Lindenberg. In der Zeit organisieren die Behörden ihre dauerhafte Unterbringung. Eine große Deutschlandkarte in der Halle zeigt den Flüchtlingen, wo sie sind. Dort können die Helfer ihnen später auch zeigen, wo sie hingebracht werden. Die meisten werden nicht in Bayern bleiben, Stegmann schließt aber nicht aus, dass Einzelne sogar auf Dauer im Landkreis Lindau untergebracht werden.
60 Helfer waren am Mittwoch spätabends an der Halle, als die Busse mit den Menschen ankamen. Stegmann ist dankbar, dass sich viele Mitarbeiter des Landratsamtes freiwillig gemeldet haben. Hinzu kommen geschulte Helfer von BRK, THW und Feuerwehr.
Weitere Helfer braucht das Landratsamt nicht. Stegmann bittet ausdrücklich darum, nicht zu der Halle zu kommen. Auch seien weder Lebensmittel- noch andere Spenden nötig. Der Freistaat trägt die Kosten für die Unterbringung, den Menschen werde es in der Halle an nichts fehlen. Sogar an Angebote für die Beschäftigung, also Sport oder Ähnliches, haben die Mitarbeiter um Stegmann und Münzberg schon gedacht. Ein Sicherheitsdienst wird vor der Halle dafür sorgen, dass nur offizielle Helfer und die Flüchtlinge selbst in die Halle kommen.
Die Flüchtlinge sollen in der Halle vor allem ein wenig Ruhe finden, die sie nach einer oft gefährlichen, auf jeden Fall anstrengenden Flucht dringend nötig haben.
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