Rot-weiß-roter Rausch
Österreich qualifiziert sich mit dem 4:1 in Schweden erstmals sportlich für eine EM
STOCKHOLM (dpa/SID/sz) - Über den Wolken erreichten die österreichischen Feierlichkeiten ihren Höhepunkt. Glückselig führte Erfolgstrainer Marcel Koller im Flieger gen Heimat die Polonaise an und präsentierte stolz seinen Schal mit der Aufschrift „Frankreich, wir kommen“. Derweil ließ Verbandspräsident Leo Windtner die Champagnerkorken knallen. Berauscht vom 4:1 (2:0)-Erfolg in Schweden und der erstmaligen sportlichen Qualifikation für eine Fußball-EM brüllte er ins Bordmikrofon: „Vive la France“– und sprach von der „Sensation in Europa“.
Sogar der Kanzler feiert mit
Es wurde ausgelassen gefeiert. Den Auftakt hatte Bundeskanzler Werner Faymann vor Ort in Solna gemacht. Der SPÖ-Politiker war erst mit einem rot-weiß-roten Schal aufs Feld gelaufen und hatte später gesagt: „Das ist ein wahnsinnig toller Tag. Ich bin extrem stolz auf diese Mannschaft.“Noch in den frühen Morgenstunden warteten nach der Landung in Wien Hunderte Fans als Empfangskommando. „Es ist schon etwas Besonderes, wenn man Geschichte schreibt“, sagte David Alaba. Der Profi vom FC Bayern München hatte Austrias Auswahl am Dienstag mit seinem Führungstreffer auf Kurs gebracht, der Doppelschlag von VfBStuttgart-Profi Martin Harnik (38./ 88.) sowie Marc Janko (77.) machten die Qualifikation perfekt.
Nach Jahren der Tristesse mit bösen Niederlagen und Rückschlägen feiert Österreichs Fußball seine Wiederbelebung. „11 Helden als neues Wunderteam“, titelte etwa „Österreich“. Die „Kleine Zeitung“meinte schlicht: „Merci!“Und der „Kurier“schrieb: „Bienvenue en France! Ausgerechnet im ABBA-Land jubelten die Österreicher frei nach dem Motto: The Winner takes it all.“
Bislang hatte die ÖFB-Auswahl nur einmal an einer EM teilgenommen: 2008 war man als Co-Gastgeber automatisch qualifiziert – und in der Vorrunde chancenlos ausgeschieden. „Wir haben es damals gar nicht so genossen, weil wir es geschenkt bekommen haben“, sagte Harnik, der nach dem Abpfiff gemeinsam mit Alaba zum Megaphon griff, um mit den mitgereisten Anhängern zu feinern. Diesmal hatten die Österreicher nichts geschenkt bekommen: Mit sieben Siegen und einem Unentschieden dominierte das Team des Schweizer Coachs Koller die Gruppe G. Anfangs belächelt präsentieren sich die Österreicher inzwischen als kompakte Einheit, die feinen Fußball spielt. Sogar Schwedens Weltstar Zlatan Ibrahimovic blieb nichts anderes übrig, als kleinlaut zuzugeben: „Gratulation an die Österreicher! Sie waren in allen Belangen besser, haben uns auseinandergenommen.“
Dabei hatte Trainer Koller, einst Coach des 1. FC Köln und des VfL Bochum, die bald auf Weltranglistenplatz elf geführten ÖFB-Kicker im November 2011 als 72. des Rankings übernommen. Am Mittwoch erschien Koller sichtlich übernächtigt und bestens gelaunt zur Pressekonferenz – mit Baskenmütze auf dem Kopf und Baguette in der Hand. „Es macht unglaublich viel Spaß mit diesem Team, das ganze Umfeld hat sich in diesen knapp vier Jahren unglaublich entwickelt“, sagte er. Als jedoch ein Fragesteller von einem Sieg ge- gen Weltmeister Deutschland fabulierte, hob er sein Wasserglas und sagte: „Prost! Die Euphorie ist schon wieder übergeschnappt. Lasst uns erst mal nach Frankreich fahren, alles andere ist a bissl zu euphorisch.“