Kultur wird kaputt gespart
Italiens Kunstschätze sind unzureichend gesichert
dpa) - Der spektakuläre Kunstraub von Verona zeigt: In Italien gibt es viel zu sehen – aber für Räuber auch viel zu holen. Die Sicherheitsvorkehrungen in Museen werden als unzureichend kritisiert, auch im Castelvecchio-Museum in Verona, aus dem vergangene Woche 17 Gemälde gestohlen wurden. Die bestens informierten Räuber nutzten ein Zeitfenster am Abend nach 19.30 Uhr. Nur eine Kassiererin und ein Wachmann waren noch da – und die Alarmanlage noch nicht eingeschaltet.
Der Kunstberater Georg von Gumppenberg, bis vor kurzem Leiter Kunstversicherung der Allianz Versicherungs AG, kritisiert die unzureichende Ausstattung der Museen in Italien. „ Gerade in Italien knapsen sie an jedem Euro herum. Man muss kein Prophet sein, Kunstdiebstahl wird immer wieder passieren“, sagt er. Die römische Zeitung „Il Messaggero“kritisierte gesetzliche Defizite. „In Italien ein Meisterwerk zu rauben, ist wie einen Apfel zu stehlen, man riskiert sehr wenig“, schrieb das Blatt und erinnerte an andere Kunstdiebstähle: 1998 wurden aus der Nationalgalerie zwei van Goghs und ein Cézanne geraubt und nach 46 Tagen wiedergefunden. 1997 verschwand ein Klimt aus einer Galerie in Piacenza. Caravaggios „Geburt Christi“wurde schon 1969 in Palermo von der Mafia geraubt. Es ist nie wieder aufgetaucht.
Die Strafen für Kunstdiebstahl und -schmuggel seien in Italien immer noch viel zu niedrig. Gesetzesdefizite gebe es vor allem im Bereich der Raubgrabungen. Oft buddeln Räuber auf eigene Faust im Erdreich, um die Schätze des Altertums zu heben. Besonders schlimm ist das in Süditalien, wo Mafia-Clans ihren finsteren Geschäften nachgehen. „Teile Apuliens sind in eine wahre Mondlandschaft verwandelt“, sagt ein deutscher Archäologe.
Der italienischen Regierung ist klar, dass sie das kulturelle Erbe besser verwalten muss. Im Sommer leitete sie eine Museumsreform ein. Die Direktorenposten der 20 Topmuseen wurden nach internationaler Ausschreibung neu besetzt. Kulturminister Dario Franceschini bezeichnete die Neustrukturierung als historischen Schritt, um den Rückstand aufzuholen.
Der renommierte italienische Kunstkritiker und Kurator Francesco Bonami warnte in der Zeitung „La Stampa“vor den Folgen des Kunstraubs für die Identität des Landes: „Auch die Leere, die die aus einer Kirche geraubte kleine Skulptur hinterlässt, ist eine Leere in unserem Gedächtnis. Das eigene künstlerische Erbe fortschaffen zu lassen, heißt, ein kulturelles Alzheimer voranschreiten zu lassen.“