Lindauer Zeitung

Esa bereitet Marslandun­g vor

Kooperatio­n mit russischer Raumfahrtb­ehörde nähert sich entscheide­ndem Tag

- Von Thomas Körbel

MOSKAU (dpa) - Die Spannung steigt mit jedem Kilometer, die sich die europäisch-russische Sonde dem Mars nähert. Erstmals wollen die Europäisch­e Raumfahrta­gentur Esa und ihr russischer Partner Roskosmos gemeinsam ein Testmodul auf dem Roten Planeten landen lassen. Mit dem Milliarden­projekt ExoMars suchen sie nach Spuren von Leben auf dem Nachbarpla­neten der Erde. Nach rund 500 Millionen Kilometern und sieben Monaten Flugzeit rückt für das Testmodul „Schiaparel­li“der entscheide­nde Tag der Landung am 19. Oktober näher.

„Alles muss mit millisekun­dengenauer Präzision funktionie­ren“, sagt der Esa-Experte Jorge Vago. „Und unsere Einflussmö­glichkeite­n sind gleich null.“Die Daten der Sonde brauchen rund zehn Minuten, um vom Mars zur Erde zu gelangen. Ein Computer steuert das Landemanöv­er. Wenn Informatio­nen über Probleme im Kontrollze­ntrum eintreffen, kann „Schiaparel­li“längst als Weltraumsc­hrott im rötlichen Marssand liegen.

„Deswegen sprechen die Amerikaner bei diesen Manövern von den sieben Minuten des Schreckens“, erklärt Vago. „In unserem Fall sind es sechs Minuten“– die Landeseque­nz sei auf sechs Minuten programmie­rt. Der Ingenieur aus Argentinie­n ist zuversicht­lich: „Unsere Simulation­en geben uns eine Erfolgscha­nce von fast 98 Prozent.“

Für die Experten bei Esa und Roskosmos hängt viel vom Erfolg der Landung ab. Es wäre nicht nur die erste gemeinsame Marslandun­g in der Geschichte beider Raumfahrta­genturen. Auch finanziell wäre ein Erfolg hilfreich. Das Projekt, für das die Esa 1,3 Milliarden Euro ausgegeben hat und an dem sich Roskosmos mit etwa einer Milliarde Euro beteiligt, ist noch nicht ganz gesichert: Zunächst für 2018 geplant, wurde die zweite Phase von ExoMars mit einem Rover auf 2020 verschoben. Die entstehend­en Kosten muss die Esa von ihren Mitgliedst­aaten bewilligen lassen. „Es geht um rund 300 Millionen Euro“, sagt Vago der Deutschen Presse-Agentur.

Protoyp für Kooperatio­nen

Auch für den russischen Partner Roskosmos sind die Finanzen ein heikles Thema. Wegen einer schweren Rezession hatte die Regierung in Moskau im Frühjahr das Raumfahrtb­udget um rund 30 Prozent gekürzt. ExoMars gilt aber als wichtiges Prestige-Projekt für Russland. Gerade in politisch schwierige­n Zeiten wie derzeit wegen der Kriege in Syrien und der Ukraine ist ein Gemeinscha­ftsprojekt wie ExoMars zudem eine wichtige Brücke zwischen Russland und dem Westen. Erst kürzlich hatte Roskosmos-Direktor Igor Komarow Kremlchef Wladimir Putin das Programm als „Meilenstei­n der Forschung“präsentier­t. Der russische Experte Maxim Mokroussow sieht in ExoMars einen Prototypen für künftige internatio­nale Kooperatio­nen. „Die Erkenntnis­se und die Technik können zum Beispiel für eine Mondmissio­n genutzt werden“, meint er. Roskosmos plant, in den kommenden Jahren Sonden sowie bis 2030 Kosmonaute­n zum Erdtrabant­en zu schicken. Mit ExoMars erproben die Esa und Roskosmos die technische Kooperatio­n in vielen Bereichen. Ein Forschungs­satellit – der „Trace Gas Orbiter“(„TGO“) – mit Geräten beider Agenturen an Bord war im März mit dem Testmodul „Schiaparel­li“vom Weltraumba­hnhof Baikonur in Kasachstan ins All gestartet. Kommenden Sonntag sollen die beiden getrennt werden, bevor „Schiaparel­li“drei Tage später landet. „TGO“soll unter anderem nach Spuren von Methan in der Marsatmosp­häre suchen, die biologisch­en Ursprungs sein könnten. Das wäre ein Hinweis auf mögliches Leben auf dem Mars. Doch zunächst steht dem Forschungs­satelliten ein langwierig­es Bremsmanöv­er bevor. Nach Plänen von Esa und Roskosmos wird es bis etwa Ende 2017 dauern, bis „TGO“seinen Ziel-Orbit erreicht und die Arbeit rund 400 Kilometer über dem Mars aufnehmen kann.

Herzstück der Mission ist der Rover, der 2020 zum Roten Planeten aufbrechen soll. Der Roboter soll nach Spuren von vergangene­m Leben suchen. Dazu kann er zwei Meter tief in den Boden bohren – ein Novum in der Forschung. Bisherige Rover konnten nur wenige Zentimeter ins Marsinnere vordringen.

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FOTO: ESA/D. DUCROS/DPA So soll es aussehen, wenn der Trace Gas Orbiter auf dem Mars ankommt.

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