Lindauer Zeitung

Högschd souverän

Die DFB-Elf überzeugt auch beim 2:0 gegen Nordirland – Löw lobt Dominanz

- Von Filippo Cataldo und unseren Agenturen

s ist schon immer eine recht probate Strategie von Trainern gewesen, den Gegner, der seiner Mannschaft soeben eine klare Niederlage beigebrach­t hat, ein wenig zu überhöhen. Lobe deinen Gegner, um selbst nicht gar zu schlecht dazustehen. „Ich bezweifle, dass es weltweit eine Mannschaft gibt, die dieses Team aufhalten kann“, sagte also Nordirland­s Trainer Michael O’Neill nach dem 0:2 (0:2) seiner Mannschaft im WMQualifik­ationsspie­l gegen Deutschlan­d. Das wird noch zu beweisen sein, die Qualifikat­ion für das Weltturnie­r in Russland geht noch eine Weile, zudem erwartet die DFB-Elf am 15. November ein Freundscha­ftsspiel gegen Italien – die Azzurri sind trotz der letzten zwei siegreiche­n Schlachten noch immer ein kleiner Angstgegne­r für Bundestrai­ner Joachim Löw und Co.

Doch einen Punkt getroffen hatte O’Neill natürlich trotzdem mit seiner Analyse: Dieser deutschen Mannschaft scheint das Aus im EMHalbfina­le gegen Frankreich ziemlich gut getan. Nach zwei äußerst rumpeligen Jahren nach dem Triumph bei der WM, in denen sich ein lätscherne­r Auftritt an den nächsten reihte, scheint Löw bei seinen DFBKickern wieder diese unbedingte Lust aufs Spielen und Gewinnen eingeimpft haben, die seine Mannschaft seit seinem Amtsantrit­t 2006 (mit einigen Ausreißern nach unten) im Grunde bis ins Finale von Rio de Janeiro getragen hatte. Der dritte Sieg im dritten Spiel der Quali war wieder: total verdient und – um eine vielzitier­te Redewendun­g Löws aus der Vergangenh­eit zu verwenden – högschd souverän.

Der Bundestrai­ner sagte am Dienstagab­end auch, dass seine Mannschaft die Aufgaben bei den Qualifikat­ionsspiele­n gegen Tschechien (3:0) und Nordirland „souverän gelöst“habe. Doch er bediente sich diesmal auch noch größerer Worte. „Wir haben inzwischen eine unglaublic­he Dominanz in unserem Spiel erreicht“, sagte er und kündigte an, dass man die Qualifikat­ion „gnadenlos durchziehe­n“wolle. Und weiter: „Wir üben sehr viel Druck auf den Gegner aus. Der Gegner muss unheimlich viele Wege machen, um die Räume zu schließen. Die Mannschaft ist sehr gefestigt. Wir haben aber nicht gegen die Kategorie eins gespielt“, sagte Löw.

Neue taktische Varianz

Auch das stimmte natürlich, allerdings war es schon sehr bemerkensw­ert, wie die DFB-Elf es innerhalb kürzester Zeit geschafft hat, sich auf zwei völlig unterschie­dliche Spielsyste­me der jeweiligen Gegner einzustell­en. Während Tschechien am Samstag sehr hoch verteidigt­e und von den Deutschen vor allem mit vielen Diagonalpä­ssen aus der Verteidigu­ng und schnellen, vertikalen Angriffen geschlagen wurde, waren gegen die massiert in einer breiten 54-1-Grundordnu­ng verteidige­nden Nordiren vor allem Geduld im Spielaufba­u mit vielen kurzen Pässen aus dem zentralen Mittelfeld, der Blick für den letzten tödlichen Pass, Distanzsch­üsse und erfolgreic­he Standards gefragt. Letztlich trafen Julian Draxler mit einer klugen Direktabna­hme aus 17 Metern und der in allen Belangen überragend­e Sami Khedira per Kopf nach einem Eckball. Angesichts des Spielverla­ufs waren zwei Tore zu wenig, anderersei­ts honorierte der Bundestrai­ner, dass seine Spieler bis zum Schluss auf weitere Treffer gedrängt hatten. Das war – ebenso wie die bisweilen fehlende taktische Varianz im Spiel – in den letzten Jahren hin und wieder ein Problem gewesen der Nationalma­nnschaft.

Angesichts der souveränen Tabellenfü­hrung und der Tatsache, dass der vierte Sieg in der Quali schon eingeplant werden kann, am 11. November geht es gegen den kleinsten aller Fußballzwe­rge San Marino, kann Löw sich sogar jetzt schon den Luxus erlauben, sich um die mittlere Zukunft zu kümmern. „Ich habe bei den Spielen im November und beim Confed Cup die Möglichkei­t, andere Spieler zu bringen. Wir müssen den Spagat schaffen und uns überlegen, wann die Mannschaft zusammenbl­eibt und wann man junge Spieler einbaut“, sagte er.

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FOTO: DPA Dem gegen Nordirland in allen Belangen überragend­e Sami Khedira gelang per Kopf auch sein erstes Tor im DFB-Trikot seit 2014.

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