Kaum Antworten auf Vorwürfe
Beim Hospiz-Abend in Wangen im Allgäu wird der Bruch zwischen Mitarbeitern und der früheren Leiterin, Annegret Kneer, deutlich
WANGEN - Vor allem Emotionen haben den vom Wangener Hospizverein Calendula anberaumten Informationsabend zur Situation der seit gut zwei Wochen geschlossenen Einrichtung im Saal der Waldorfschule bestimmt. Im Kern prallten bei den Meinungsäußerungen die Sichtweisen der Befürworter der einstigen Hospizleiterin Annegret Kneer und ihrer Kritiker aufeinander. Im Mittelpunkt stand dabei der Bruch zwischen Mitarbeitern und ihr. Kaum Thema waren am Mittwochabend hingegen die gegen Kneer erhobenen Vorwürfe oder Antworten darauf.
Starke Polarisierung
Ursprünglich war vorgesehen, dass beim Haupttagesordnungspunkt, der Aussprache, Fragen und Stellungnahmen der Anwesenden von zuvor einzureichenden Karten verlesen werden sollten. Dieses Prozedere wurde kurz vor Beginn der Veranstaltung geändert: Damit konnte jeder selbst das Mikrofon ergreifen. Wer sich nicht persönlich, sondern lieber anonym äußern wollte, dem machte der Moderator des Abends das Angebot, dass diese Fragen am Ende verlesen werden sollten.
Dazu kam es nicht. Denn zweieinhalb Stunden lang ergriffen im Wesentlichen Zuhörer das Wort. Dabei wurde die Polarisierung innerhalb des Hospizvereins und des Umfelds mehr als deutlich. Auf der einen Seite Unterstützer Annegret Kneers. „Frau Dr. Kneer wurde nie etwas zu viel“, konstatierte beispielsweise eine Frau aus Ravensburg. „Ich verstehe nicht, wie es so weit kommen konnte.“Oder Elfriede Vogelmann, Mitarbeiterin des ambulanten Hospizdienstes: „Es stimmt nicht, dass Leute ins Hospiz geholt wurden.“Der aus Deuchelried stammende Christian Heinzl sagte: „Wenn Mitarbeiter krankmachen, muss ich mich fragen, was für eine Einstellung sie haben.“
Schriftführer wehrt sich
Dem widersprach Edgar Rohmert mit deutlichen Worten: „Die Mitarbeiter können nicht mehr. Sie haben immer wieder Alarmsignale gesendet. Sie sind ignoriert worden. Den Mitarbeitern einen Vorwurf zu machen, das ist fies und eine Frechheit“, so der Schriftführer des Hospizvereins. Spätestens jetzt war klar, dass die Gründe der Kündigungen und Krankschreibungen thematisch ins Zentrum rückten. Zumal Friedemann Scheiffele, im Juli zurückgetretener Kassierer von Calendula, an Annegret Kneer die Frage richtete: „Warum haben so viele Mitarbeiter gekündigt?“Moderator Thomas Hölz entgegnete: „Das müssen Sie die Mitarbeiter persönlich fragen.“Kneer antwortete zu diesem Zeitpunkt nicht. Als sie später das Wort ergriff, nachdem die angesprochenen Mitarbeiter für eine Weile den Saal verlassen hatten, nahm sie ebenfalls nicht direkt dazu Stellung.
Mitarbeiter verlassen den Saal
Dafür redeten die von Hölz Angesprochenen. „Ich konnte den Weg, den wir eingeschlagen haben, nicht mehr mitgehen“, erklärte stellvertretend Lisa Pietrucha. Damit bezog sie sich auf die Überbelegungen und die aus Mitarbeitersicht bestehende Ignoranz Kneers gegen Anordnungen der Heimaufsicht. Günther Walter postierte sich direkt vor seine frühere Chefin, als er sagte: „Wir haben zu dir aufgeschaut.“Vor allem wegen der ständigen Überbelegungen habe er aber den Glauben an sie verloren.
Aus dem Ruder geriet die Veranstaltung kurzzeitig, nachdem die Mitarbeiterinnen zwischenzeitlich den Saal verlassen hatten, weil von der zu diesem Zeitpunkt seit gut zwei Stunden schweigenden Annegret Kneer nicht die von ihnen erwarteten Antworten kamen. Statt ihrer hatten sich wahlweise der Hospiz-Anwalt Dietmar Würthner, Kneers Ehemann Georg oder andere Unterstützer für sie zu Wort gemeldet.
Karten nicht mehr verlesen
Das Verlesen der eingereichten Karten stand am Ende ebenfalls nicht mehr zur Debatte. Gleiches galt, als eine anonymisierte, kritische Stellungnahme von Angehörigen im Hospiz Verstorbener verlesen werden sollte.
Georg Kneer schritt ein, und die beiden Moderatoren erklärten am Donnerstag: „Jeder im Saal wusste, welche Person gerade sprach.“Deshalb hätten sie es am Schluss auch nicht zugelassen, dass ein Brief auszugsweise vorgelesen wird. Gleiches habe für anonymisierte Stellungnahmen gegolten – obwohl dies zu Beginn der Veranstaltung anders angekündigt war.