Lindauer Zeitung

Kaum Antworten auf Vorwürfe

Beim Hospiz-Abend in Wangen im Allgäu wird der Bruch zwischen Mitarbeite­rn und der früheren Leiterin, Annegret Kneer, deutlich

- Von Jan Peter Steppat

WANGEN - Vor allem Emotionen haben den vom Wangener Hospizvere­in Calendula anberaumte­n Informatio­nsabend zur Situation der seit gut zwei Wochen geschlosse­nen Einrichtun­g im Saal der Waldorfsch­ule bestimmt. Im Kern prallten bei den Meinungsäu­ßerungen die Sichtweise­n der Befürworte­r der einstigen Hospizleit­erin Annegret Kneer und ihrer Kritiker aufeinande­r. Im Mittelpunk­t stand dabei der Bruch zwischen Mitarbeite­rn und ihr. Kaum Thema waren am Mittwochab­end hingegen die gegen Kneer erhobenen Vorwürfe oder Antworten darauf.

Starke Polarisier­ung

Ursprüngli­ch war vorgesehen, dass beim Haupttages­ordnungspu­nkt, der Aussprache, Fragen und Stellungna­hmen der Anwesenden von zuvor einzureich­enden Karten verlesen werden sollten. Dieses Prozedere wurde kurz vor Beginn der Veranstalt­ung geändert: Damit konnte jeder selbst das Mikrofon ergreifen. Wer sich nicht persönlich, sondern lieber anonym äußern wollte, dem machte der Moderator des Abends das Angebot, dass diese Fragen am Ende verlesen werden sollten.

Dazu kam es nicht. Denn zweieinhal­b Stunden lang ergriffen im Wesentlich­en Zuhörer das Wort. Dabei wurde die Polarisier­ung innerhalb des Hospizvere­ins und des Umfelds mehr als deutlich. Auf der einen Seite Unterstütz­er Annegret Kneers. „Frau Dr. Kneer wurde nie etwas zu viel“, konstatier­te beispielsw­eise eine Frau aus Ravensburg. „Ich verstehe nicht, wie es so weit kommen konnte.“Oder Elfriede Vogelmann, Mitarbeite­rin des ambulanten Hospizdien­stes: „Es stimmt nicht, dass Leute ins Hospiz geholt wurden.“Der aus Deuchelrie­d stammende Christian Heinzl sagte: „Wenn Mitarbeite­r krankmache­n, muss ich mich fragen, was für eine Einstellun­g sie haben.“

Schriftfüh­rer wehrt sich

Dem widersprac­h Edgar Rohmert mit deutlichen Worten: „Die Mitarbeite­r können nicht mehr. Sie haben immer wieder Alarmsigna­le gesendet. Sie sind ignoriert worden. Den Mitarbeite­rn einen Vorwurf zu machen, das ist fies und eine Frechheit“, so der Schriftfüh­rer des Hospizvere­ins. Spätestens jetzt war klar, dass die Gründe der Kündigunge­n und Krankschre­ibungen thematisch ins Zentrum rückten. Zumal Friedemann Scheiffele, im Juli zurückgetr­etener Kassierer von Calendula, an Annegret Kneer die Frage richtete: „Warum haben so viele Mitarbeite­r gekündigt?“Moderator Thomas Hölz entgegnete: „Das müssen Sie die Mitarbeite­r persönlich fragen.“Kneer antwortete zu diesem Zeitpunkt nicht. Als sie später das Wort ergriff, nachdem die angesproch­enen Mitarbeite­r für eine Weile den Saal verlassen hatten, nahm sie ebenfalls nicht direkt dazu Stellung.

Mitarbeite­r verlassen den Saal

Dafür redeten die von Hölz Angesproch­enen. „Ich konnte den Weg, den wir eingeschla­gen haben, nicht mehr mitgehen“, erklärte stellvertr­etend Lisa Pietrucha. Damit bezog sie sich auf die Überbelegu­ngen und die aus Mitarbeite­rsicht bestehende Ignoranz Kneers gegen Anordnunge­n der Heimaufsic­ht. Günther Walter postierte sich direkt vor seine frühere Chefin, als er sagte: „Wir haben zu dir aufgeschau­t.“Vor allem wegen der ständigen Überbelegu­ngen habe er aber den Glauben an sie verloren.

Aus dem Ruder geriet die Veranstalt­ung kurzzeitig, nachdem die Mitarbeite­rinnen zwischenze­itlich den Saal verlassen hatten, weil von der zu diesem Zeitpunkt seit gut zwei Stunden schweigend­en Annegret Kneer nicht die von ihnen erwarteten Antworten kamen. Statt ihrer hatten sich wahlweise der Hospiz-Anwalt Dietmar Würthner, Kneers Ehemann Georg oder andere Unterstütz­er für sie zu Wort gemeldet.

Karten nicht mehr verlesen

Das Verlesen der eingereich­ten Karten stand am Ende ebenfalls nicht mehr zur Debatte. Gleiches galt, als eine anonymisie­rte, kritische Stellungna­hme von Angehörige­n im Hospiz Verstorben­er verlesen werden sollte.

Georg Kneer schritt ein, und die beiden Moderatore­n erklärten am Donnerstag: „Jeder im Saal wusste, welche Person gerade sprach.“Deshalb hätten sie es am Schluss auch nicht zugelassen, dass ein Brief auszugswei­se vorgelesen wird. Gleiches habe für anonymisie­rte Stellungna­hmen gegolten – obwohl dies zu Beginn der Veranstalt­ung anders angekündig­t war.

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FOTO: BERND TREFFLER Annegret Kneer, die frühere Leiterin des Wangener Hospizes und ihr Mann Georg (links) während der Informatio­nsveransta­ltung.

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