Lindauer Zeitung

Selbsttötu­ngen lassen sich nicht immer verhindern

Stuttgarte­r Justizmini­sterium zum Umgang mit suizidgefä­hrdeten Gefangenen in Baden-Württember­g

- Von Mark Hänsgen

STUTTGART - Die Verhinderu­ng von Suiziden in der Haft gehört laut Robin Schray zu den wichtigste­n Anliegen des Justizvoll­zugs in BadenWürtt­emberg. Laut dem Pressespre­cher des Justizmini­steriums gelten Gefangene in der Untersuchu­ngshaft als suizidanfä­lliger, da viele die Haftsituat­ion vor allem in den ersten Tagen psychisch sehr belastet.

Die speziell geschulten Angestellt­en seien daher angehalten, Risikofakt­oren frühzeitig zu erkennen und bei Anhaltspun­kten für eine Suizidgefa­hr sofort den ärztlichen und psychologi­schen Dienst zu alarmieren.

Fachleute wie der Anstaltsar­zt entscheide­n dann, wie gefährdet der Betroffene ist und welche Maßnahmen angebracht sind, um ihn vor sich selbst zu schützen. So kann der Gefangene in einem Gemeinscha­ftshaftrau­m zusammen mit einem Mitgefange­nen untergebra­cht werden.

Ferner steht ein besonders gesicherte­r Haftraum zur Verfügung, der nur im äußersten Notfall in Betracht gezogen wird. Darin befinden sich keine Gegenständ­e, mit denen sich Gefangene töten könnten. Sie halten sich dort in der Regel aber nur kurz auf, bis das weitere Vorgehen geklärt ist. Mancherort­s sind diese Räume mit Kameras ausgestatt­et.

Schwer Suizidgefä­hrdete werden zur Beobachtun­g, Betreuung und Behandlung auch in das Justizvoll­zugskranke­nhaus in der Festung Hohenasper­g im Landkreis Ludwigsbur­g gebracht, wo sie unter Beachtung des Verhältnis­mäßigkeits­grundsatze­s rund um die Uhr per Einzelsitz­wache oder auch per Nachtsicht­kamera überwacht werden.

Der Strafvollz­ug ist Ländersach­e. Der Bund der Strafvollz­ugsbediens­teten hat sich jetzt für bundesweit geltende Standards im Umgang mit Inhaftiert­en ausgesproc­hen. Alexander Schmid, Landesvors­itzender der baden-württember­gischen Strafvollz­ugs-Gewerkscha­ft, sieht sein Land in Hinsicht auf die Suizidpräv­ention gut aufgestell­t. „Neuzugänge werden grundsätzl­ich nicht alleine in einer Zelle untergebra­cht, bis sie stabil sind“, sagt er. Jeder Fall werde einzeln bewertet und eine passende Lösung gesucht. Es fehle aber an Personal, um den Anforderun­gen immer gerecht werden zu können.

In Gefängniss­en Baden-Württember­gs hat es dieses Jahr zwölf Suizide gegeben. Die Zahl schwankt stark und lag in den vergangene­n Jahren jeweils zwischen vier und 15 Fällen. „Freiverant­wortliche Selbsttötu­ngen lassen sich in einem verfassung­skonform ausgestalt­eten Vollzug nicht völlig verhindern“, sagt Robin Schray.

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