Der Stabilitätsanker Südafrikas ist lästig
Ein korrupter Chef. Eine schwächelnde Währung. Eine Bevölkerung in Armut, die von der Regierung teure Sozialprogramme erwartet. Es gibt wahrlich leichtere Jobs, als Finanzminister in Südafrika zu sein. Pravin Gordhan hat sich trotz dieser widrigen Umstände Respekt verschafft. Aus Sicht der Wirtschaft, internationaler Partner und regierungskritischer Südafrikaner ist er der Stabilitätsanker einer chaotischen Regierung. Gordhans größter Feind ist sein eigener Chef, Staatspräsident Jacob Zuma. Der will den Minister loswerden – offenbar um jeden Preis.
Aus Sicht des Staatsoberhauptes ist Gordhan ein Hindernis, um ungehemmten Zugriff auf die Staatskasse zu bekommen. Der wäre nicht nur hilfreich, um Freunde mit lukrativen Aufträgen zu versorgen. Es geht auch um internationale Geschäfte, etwa einen Atom-Deal mit Russland. Die Russen würden in Südafrika gern bis zu acht Reaktoren bauen – ein Geschäft, von dem auch Zumas Umfeld profitieren dürfte. Gordhan hat nach seiner Ernennung sein Veto gegen das prestigeträchtige, aber sündhaft teure Projekt eingelegt.
Seit seinem Amtsantritt im Dezember 2015 ist Gordhan deswegen im Visier der Strafverfolgungsbehörden, die schon früher nicht über jeden Zweifel an ihrer Unabhängigkeit erhaben waren. In dieser Woche haben die Ermittler nun Anklage erhoben: Der Finanzminister muss sich wohl wegen eines Betrugsverdachts vor Gericht verantworten. Die Vorwürfe beziehen sich auf seine Amtszeit als Chef der Steuerbehörde von 1999 bis 2009, er soll einem Mitarbeiter unrechtmäßige Bezüge für den Vorruhestand genehmigt haben. Gordhan bezeichnete die Ermittlungen als „politisch gesteuert“. Die südafrikanische Währung, der Rand, verlor deutlich an Wert – wieder einmal.
Währung unter Druck
Eine Einmischung Zumas beim Finanzministerium hat die Währung schon einmal kräftig unter Druck gebracht. Im Dezember 2015 schasste er den damaligen angesehenen Minister Nhlanhla Nene, um ihn durch einen Hinterbänkler zu ersetzen – wohl schon damals, um einen besseren Zugriff auf die Staatsfinanzen zu bekommen. Der Rand sackte daraufhin dermaßen in den Keller, dass Zuma sich gerade einmal vier Tage später zu einem erneuten Personalwechsel gezwungen sah – nur deswegen kam Gordhan ins Amt.
Präsident Zuma hätte also gewarnt sein können, dass das Vorgehen gegen Gordhan Turbulenzen auslösen würde. Kritiker fürchten allerdings, dass dem Präsidenten, der noch bis 2019 amtiert, mittlerweile egal ist, welchen Schaden er der jungen Demokratie zufügt – Hauptsache, die Präsidentschaft lohnt sich finanziell. Das liberale „Institut für Rassenbeziehungen“warnt bereits, Südafrika könne in eine autokratische Entwicklungsdiktatur nach dem Vorbild von Ruanda oder Äthiopien abgleiten, um auf diese Weise ein höheres Wachstum zu erreichen.
Allerdings spielt Südafrika als einziges Industrieland des Kontinents in einer anderen Liga als der Rest Afrikas, nicht nur wirtschaftlich, sondern auch, was die Stärke der Zivilgesellschaft angeht. Gerade erst hat Zumas Partei bei den Kommunalwahlen ein Desaster erlebt.