Ökonomen begrüßen die steigenden Preise
Statistisches Bundesamt bestätigt Schätzung – Inflation auf höchstem Stand seit Mai 2015
FRANKFURT (dpa) - „Hurra, die Preise steigen!“So hatte KfW-Chefvolkswirt Jörg Zeuner Ende September die steigende Inflation in Deutschland bejubelt. Nach vorliegenden Zahlen kletterten die Verbraucherpreise in Deutschland im September um 0,7 Prozent und damit auf den höchsten Stand seit Mai 2015. Das Statistische Bundesamt bestätigte jetzt seine erste Schätzung.
Was ist der Grund für steigende Preise?
Das liegt vor allem an den Energiepreisen. Zwar müssen Verbraucher immer noch weniger als vor einem Jahr beispielsweise fürs Heizen zahlen. Doch Rohöl ist nicht mehr ganz so billig wie noch vor einiger Zeit. Derzeit pendelt der Preis für ein Barrel (159 Liter) um die 50 US-Dollar. Darum liegt das Niveau der Energiepreise nicht mehr ganz so deutlich unter den Vorjahreswerten. Im September war Energie zwar um 3,6 Prozent billiger als ein Jahr zuvor. Im August jedoch waren es noch 5,9 Prozent und im Juli sogar 7,0 Prozent.
Wie wird sich die Inflation in der nächsten Zeit entwickeln?
Ökonomen rechnen mit leicht steigenden Verbraucherpreisen. So sagen die führenden deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute in ihrem Herbstgutachten einen Anstieg um 1,4 Prozent im nächsten Jahr und um 1,5 Prozent 2018 voraus. Drastische Sprünge erwartet vorerst allerdings kein Experte – auch weil Rohöl trotz der jüngsten Einigung der Opec auf eine Obergrenze bei der Öl-Förderung erst einmal vergleichsweise günstig bleiben dürfte. Zwar hofft die Organisation erdölexportierender Länder (Opec) auf steigende Preise, wenn das Angebot sinkt. Rohstoffexperten verweisen aber auf die mangelnde Disziplin der 14 Opec-Mitglieder, auf eine weiter schwache Nachfrage angesichts der mauen Weltkonjunktur und auf andere große Akteure am Markt wie Russland und die USA.
Warum begrüßen Ökonomen den Anstieg der Verbraucherpreise?
„Die aktuelle Preisentwicklung unterstreicht, dass Deflationsgefahren erst einmal abgewendet sind“, erläutert KfW-Chefvolkswirt Zeuner. Dauerhaft niedrige oder gar sinkende Preise gelten als Risiko für die Konjunktur. Unternehmen und Verbraucher könnten Anschaffungen aufschieben, weil sie erwarten, dass es noch billiger wird. Die Folge: Die Wirtschaft wächst nicht mehr, die Arbeitslosigkeit steigt. Um die Inflation im Euroraum anzuheizen, flutet die Europäische Zentralbank (EZB) die Märkte mit billigem Geld.
Wird die EZB ihren geldpolitischen Kurs ändern?
Die Notenbank strebt mittelfristig für den gesamten Euroraum eine Inflation von knapp unter 2,0 Prozent an – weit genug entfernt von der Nullmarke. Derzeit liegt die Teuerung in Deutschland und im Euroraum (0,4 Prozent) noch weit entfernt von diesem Ziel. In der Eurozone werde die Inflation spätestens Anfang 2019 zur Zielmarke von knapp zwei Prozent zurückkehren, wenn die lockere Geldpolitik fortgesetzt werde, hatte EZB-Präsident Mario Draghi zuletzt erklärt. Ein Anziehen der Teuerung würde es der EZB leichter machen, die Geldschleusen allmählich wieder zu schließen. Noch bis mindestens März 2017 will die EZB Monat für Monat für 80 Milliarden Euro Staatsanleihen und andere Wertpapiere kaufen. Zudem bekommen Banken frisches Geld zum Nulltarif.
Was bedeutet das für Verbraucher und Sparer?
Sparbuch und Tagesgeld – bei Deutschen besonders beliebt – werfen wegen der Zinspolitik der EZB kaum noch etwas ab. Auch Altersvorsorgeklassiker wie Lebens- und Rentenversicherungen sind unter Druck. Von steigenden Preisen könnten Verbraucher also indirekt durchaus profitieren: Eine Kehrtwende der EZB hin zu höheren Zinsen wäre im Sinne vieler Sparer. Zu stark steigende Inflationsraten könnten allerdings einen Teil dieses Effekts wieder zunichte machen. Und weil die Entwicklung der Energiepreise ein großer Posten bei der Inflation ist, bedeuten steigende Raten auch: Tanken und Heizen wird tendenziell teurer.