Lindauer Zeitung

„Ein Reinwasche­n ist nicht möglich“

Aus Atomstrom wird auch über Pumpspeich­erwerke kein Ökostrom

- Von Olaf Winkler

LINDENBERG - Die Vorarlberg­er Kraftwerke (Vkw) wollen einen neuen Markt erschließe­n. Künftig beliefert der Energiekon­zern auch gewerblich­e Kunden in Oberschwab­en. Die Meldung darüber stand vor drei Wochen in der Heimatzeit­ung – und sie hat bei manchem Westallgäu­er für Irritation­en gesorgt. Denn die Vkw können schon heute den Energiebed­arf von Vorarlberg nicht decken und kaufen Strom zu. Bleibt dann das für die meisten Stromkunde­n positive Siegel auf der Strecke, dass die Vkw primär Strom aus Wasserkraf­t liefern? Werden die Pumpspeich­er-Kraftwerke am Ende zur „Waschmasch­ine“, die aus zugekaufte­m Atomstrom Strom aus Wasserkraf­t macht?

Beides verneint der für Energiewir­tschaft und Vertrieb zuständige Bereichsle­iter der Vkw, Dr. Quido Salzmann. Wichtig ist aus seiner Sicht die Tatsache, dass die Vkw einerseits als Stromerzeu­ger auftreten, anderersei­ts als Netzbetrei­ber und schließlic­h auch als Stromanbie­ter. Der Netzbetrie­b ist dabei reguliert, in den anderen Bereichen herrscht Wettbewerb. So erzeugen die Vkw zwar zu 100 Prozent Strom aus Wasserkraf­t – für die Kunden der Vkw reicht die erzeugte Energiemen­ge aber nicht aus. „Rund 20 Prozent müssen wir zukaufen“, bestätigt Salzmann.

500 Millionen für „grüne Batterie“

Die gekaufte Strommenge ist das eine – die getrennt gehandelte­n Zertifikat­e das andere. Sie weisen erneuerbar­e Energien aus oder Strom aus Kohle oder Atomkraft. Der Erzeuger ist im Besitz der entspreche­nden Zertifikat­e und kann diese verkaufen. Das tun die Vkw mit ihren Zertifikat­en für Wasserkraf­t nicht, aber sie kaufen zusätzlich­e Zertifikat­e hinzu, um den Kunden einen möglichst hohen Wasserkraf­t-Anteil verkaufen zu können. Der Grund dafür ist einfach: Physikalis­ch können die Vkw aufgrund der Vernetzung nicht ausschließ­en, dass sich im eigenen Netz unter anderem auch Atomstrom befindet.

Häufig sei der Vorwurf, dass aus dem zugekaufte­n Strom durch ein Pumpspeich­erwerk Strom aus Wasserkraf­t werde, bestätigt Salzmann. Das aber sei nicht der Fall. Vielmehr erhalten die Vkw nur für jene Strommenge die entspreche­nden Zertifikat­e, Quido Salzmann

die mit Hilfe von Zuflüssen zu dem Speicher erzeugt wird. Erfolgt hingegen die Stromgewin­nung mit Hilfe von Wasser, das zuvor mit Pumpen in den Speicher gelangte, ist die ursprüngli­che Zertifizie­rung entscheide­nd. Zum größten Teil handele es sich dabei um sogenannte­n „Strom unbekannte­r Herkunft“– und das bleibe er auch nach einem „Durchlauf“durch das Pumpspeich­erwerk. „Ein Reinwasche­n ist nicht möglich“, versichert Salzmann.

Die Funktion des Pumpspeich­erwerkes sei eine ganz andere: Sie soll als „grüne Batterie“dienen und beispielsw­eise tagsüber mit Hilfe von Fotovoltai­k-Anlagen erzeugten Strom insoweit speichern, als mit ihm Wasser vom unteren in das obere Becken gepumpt wird. Ist es dann dunkel und der Strombedar­f steigt, fließt das Wasser wieder abwärts und erzeugt dabei durch den Turbinen-Durchlauf Strom.

Deshalb erfolge auch gerade der Bau des Pumpspeich­erwerkes „Obervermun­twerk II“, das 2018 in Betrieb gehen soll. Rund 500 Millionen Euro investiert die Vkw-Muttergese­llschaft Illwerke Vkw in die derzeit größte Baustelle Vorarlberg­s.

Aber warum das Engagement der Vkw in Oberschwab­en? Salzmann begründet es mit dem Rückzug der EnBW und der Tatsache, dass die Vkw als Anbieter eben auch zugekaufte­n Strom vermarkten. Überzeugen wolle die Vkw dabei mit einem Komplettan­gebot, das neben dem Strom selbst auch zahlreiche Dienstleis­tungen umfasse, die vor allem der Energieeff­izienz in den Unternehme­n dienen sollen.

„Ein Reinwasche­n ist nicht möglich.“

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FOTO: OLAF WINKLER Der Silvretta-Stausee in Vorarlberg hat nach der Fertigstel­lung des neuen Obervermun­twerks II eine Doppelfunk­tion: Er dient als Speicherbe­cken für das Oberfläche­nwasser, zusätzlich aber auch für jene Wassermeng­en, die von unten in den Stausee gepumpt...
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FOTO: 0WI Quido Salzmann

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