„Ein Reinwaschen ist nicht möglich“
Aus Atomstrom wird auch über Pumpspeicherwerke kein Ökostrom
LINDENBERG - Die Vorarlberger Kraftwerke (Vkw) wollen einen neuen Markt erschließen. Künftig beliefert der Energiekonzern auch gewerbliche Kunden in Oberschwaben. Die Meldung darüber stand vor drei Wochen in der Heimatzeitung – und sie hat bei manchem Westallgäuer für Irritationen gesorgt. Denn die Vkw können schon heute den Energiebedarf von Vorarlberg nicht decken und kaufen Strom zu. Bleibt dann das für die meisten Stromkunden positive Siegel auf der Strecke, dass die Vkw primär Strom aus Wasserkraft liefern? Werden die Pumpspeicher-Kraftwerke am Ende zur „Waschmaschine“, die aus zugekauftem Atomstrom Strom aus Wasserkraft macht?
Beides verneint der für Energiewirtschaft und Vertrieb zuständige Bereichsleiter der Vkw, Dr. Quido Salzmann. Wichtig ist aus seiner Sicht die Tatsache, dass die Vkw einerseits als Stromerzeuger auftreten, andererseits als Netzbetreiber und schließlich auch als Stromanbieter. Der Netzbetrieb ist dabei reguliert, in den anderen Bereichen herrscht Wettbewerb. So erzeugen die Vkw zwar zu 100 Prozent Strom aus Wasserkraft – für die Kunden der Vkw reicht die erzeugte Energiemenge aber nicht aus. „Rund 20 Prozent müssen wir zukaufen“, bestätigt Salzmann.
500 Millionen für „grüne Batterie“
Die gekaufte Strommenge ist das eine – die getrennt gehandelten Zertifikate das andere. Sie weisen erneuerbare Energien aus oder Strom aus Kohle oder Atomkraft. Der Erzeuger ist im Besitz der entsprechenden Zertifikate und kann diese verkaufen. Das tun die Vkw mit ihren Zertifikaten für Wasserkraft nicht, aber sie kaufen zusätzliche Zertifikate hinzu, um den Kunden einen möglichst hohen Wasserkraft-Anteil verkaufen zu können. Der Grund dafür ist einfach: Physikalisch können die Vkw aufgrund der Vernetzung nicht ausschließen, dass sich im eigenen Netz unter anderem auch Atomstrom befindet.
Häufig sei der Vorwurf, dass aus dem zugekauften Strom durch ein Pumpspeicherwerk Strom aus Wasserkraft werde, bestätigt Salzmann. Das aber sei nicht der Fall. Vielmehr erhalten die Vkw nur für jene Strommenge die entsprechenden Zertifikate, Quido Salzmann
die mit Hilfe von Zuflüssen zu dem Speicher erzeugt wird. Erfolgt hingegen die Stromgewinnung mit Hilfe von Wasser, das zuvor mit Pumpen in den Speicher gelangte, ist die ursprüngliche Zertifizierung entscheidend. Zum größten Teil handele es sich dabei um sogenannten „Strom unbekannter Herkunft“– und das bleibe er auch nach einem „Durchlauf“durch das Pumpspeicherwerk. „Ein Reinwaschen ist nicht möglich“, versichert Salzmann.
Die Funktion des Pumpspeicherwerkes sei eine ganz andere: Sie soll als „grüne Batterie“dienen und beispielsweise tagsüber mit Hilfe von Fotovoltaik-Anlagen erzeugten Strom insoweit speichern, als mit ihm Wasser vom unteren in das obere Becken gepumpt wird. Ist es dann dunkel und der Strombedarf steigt, fließt das Wasser wieder abwärts und erzeugt dabei durch den Turbinen-Durchlauf Strom.
Deshalb erfolge auch gerade der Bau des Pumpspeicherwerkes „Obervermuntwerk II“, das 2018 in Betrieb gehen soll. Rund 500 Millionen Euro investiert die Vkw-Muttergesellschaft Illwerke Vkw in die derzeit größte Baustelle Vorarlbergs.
Aber warum das Engagement der Vkw in Oberschwaben? Salzmann begründet es mit dem Rückzug der EnBW und der Tatsache, dass die Vkw als Anbieter eben auch zugekauften Strom vermarkten. Überzeugen wolle die Vkw dabei mit einem Komplettangebot, das neben dem Strom selbst auch zahlreiche Dienstleistungen umfasse, die vor allem der Energieeffizienz in den Unternehmen dienen sollen.
„Ein Reinwaschen ist nicht möglich.“