Keuchhusten ist auf dem Vormarsch
Im Landkreis nimmt die Zahl der Erkrankungen derzeit stark zu.
LINDAU (roi) - Im Landkreis Lindau gibt es derzeit vermehrt Fälle von Keuchhusten. Auch Geimpfte haben sich angesteckt. Sie haben häufig einen leichteren Krankheitsverlauf, weshalb die Krankheit nicht immer erkannt wird. Trotzdem sind auch sie hoch ansteckend. Wie hoch die Dunkelziffer ist, weiß daher niemand.
Die Achtjährige hustet immer mal wieder. Nachts hat sie starken Reizhusten, aber nichts, was besorgniserregend wäre. Als die Schule darüber informiert, dass Keuchhusten aufgetreten ist, lassen die Eltern bei ihrer Tochter einen Abstrich machen. Der ist zur Überraschung aller positiv: Denn das Mädchen hat alle Keuchhusten-Impfungen, die Auffrischung liegt nur wenige Monate zurück.
Sie ist keine Ausnahme. „Wir haben vermehrt Fälle von Pertussis“, bestätigt der Leiter des Lindauer Gesundheitsamtes, Michael Bauerdick. Seit Juli wurden siebzehn Fälle gemeldet. Darunter sind mindestens sechs Geimpfte. Für ihn sind die Keuchhusten-Fälle „nicht ungewöhnlich“, so einen Anstieg beobachte man im Herbst und Winter öfter, sagt er.
Im Landkreis Ravensburg werden derzeit deutlich mehr KeuchhustenFälle als im Vorjahr verzeichnet. „Wir beobachten, ähnlich wie in ganz Baden-Württemberg, auch bei uns einen Anstieg auf das etwa Zweieinhalbfache“, sagt der Pressesprecher des Landratsamtes Ravensburg, Franz Hirth. Im Landkreis Ravensburg gibt es demnach seit September 54 gemeldete Fälle. Auch in Achberg hat es Kinder und Erwachsene erwischt. Viele Schulkinder husten – einige sind schon positiv auf Pertussis, so der medizinische Fachausdruck, getestet.
Doch warum stecken sich Menschen trotz Impfung an? „Verschiedene Studien gehen davon aus, dass diese Impfung nicht so wirksam ist“, erklärt Bauerdick. Zum einen, weil der Impfstoff abgeschwächt wurde, um die Nebenwirkungen zu verringern. Zum anderen vermute man, dass verschiedenen Subtypen des Bakteriums auf dem Vormarsch sind. „Das RobertKoch-Institut geht davon aus, dass so eine vollständige Ausrottung der Krankheit nicht möglich ist.“
Jetzt zu sagen, man könne das Impfen gleich bleiben lassen, sei aber der falsche Schluss. Bauerdick rät dringend zur Impfung. „Jede Impfung senkt das Risiko, mit Keuchhusten angesteckt zu werden“, sagt er. Und falls es einen dennoch erwische, habe die Krankheit einen deutlich schwächeren Verlauf.
Husten bis die Rippen brechen
Das zahlt sich aus, denn Keuchhusten ist nach wie vor eine ernste Erkrankung. Husten bis zum Erbrechen, bis die Rippen brechen, bis das Gesicht blau anläuft vor Atemnot: „Keuchhusten kann mit vielen Schmerzen verbunden sein“, sagt Bauerdick und verweist auf die Komplikationen, die eintreten können: Atemstillstand, Krampfanfälle oder Lungenentzündungen. Gerade für Säuglinge oder ältere Menschen mit Vorerkrankungen bergen die Pertussis-Bakterien ein hohes, teils lebensgefährliches Risiko.
Die Krankheit hat viele Gesichter
Wenn ein Verdacht vorliegt, sollte daher sofort ein Arzt aufgesucht werden. „Wenn die Krankheit sehr früh erkannt wird, kann man den Krankheitsverlauf abmildern“, sagt der Experte. Der Arzt wird ein Antibiotikum verschreiben. Um die Infektionskette sicher zu unterbrechen, sollten unter Umständen auch unmittelbare Kontaktpersonen mitbehandelt werden. Denn das Fatale ist: „Auch ohne Symptome zu haben, kann man eine Bakterienbesiedlung haben und die Krankheit übertragen“, sagt Bauermann.
Keuchhusten hat viele Gesichter. Er tritt nicht immer lehrbuchartig auf, was die Diagnose erschwert. Trotzdem gilt: „Wenn Husten, vor allem nächtlicher Husten, länger anhält, sollte man immer an Keuchhusten denken.“Auch bei Erwachsenen.