Suizid al-Bakrs soll untersucht werden
Bundeskanzlerin Merkel (CDU) fordert eine schnelle Aufklärung der Justizpanne
BERLIN (dpa/AFP) - Nach dem Suizid des mutmaßlichen IS-Terroristen Dschaber al-Bakr in einem Leipziger Gefängnis dringt die Bundesregierung auf eine eingehende Untersuchung der Justizpanne. Sie erhob am Freitag schwere Vorwürfe gegen die sächsische Justiz, gleichzeitig schloss sich Kanzlerin Angela Merkel Forderungen nach einer schnellen und umfassenden Aufarbeitung an. Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) räumte Fehler ein und zeigte sich offen für eine unabhängige Untersuchungskommission. Eine Ablösung seines Justizministers Sebastian Gemkow (CDU) lehnte er aber ab. Dieser hält an seinem Amt fest.
„Der Umgang mit dem des Terrorismus bezichtigten Häftlings ist nicht in dem Maße erfolgt, wie es notwendig gewesen ist“, bekannte Tillich vor Journalisten in Berlin. Im Bundesrat sagte er: „Der Suizid hätte verhindert werden müssen, in jedem Fall.“
Regierungssprecher Steffen Seibert sagte in Berlin, wenn es in einer Justizvollzugsanstalt zu einem Selbstmord komme, „dann ist etwas schiefgelaufen, dann sind Warnzeichen nicht frühzeitig erkannt worden, dann sind Fehleinschätzungen vorgenommen worden“.
Nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden hatte der 22-jährige Syrer einen Sprengstoffanschlag auf einen Berliner Flughafen geplant. Vernommen wurde er nicht. Ein USGeheimdienst hat einem Medienbericht zufolge einen entscheidenden Hinweis auf den Terrorverdächtigen Jaber al-Bakr geliefert. Dieser habe Telefonate des 22-jährigen Syrers mit einem Kontaktmann der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) in Syrien abgehört und die deutschen Behörden informiert, berichtete die Zeitung „Welt am Sonntag“.
Al-Bakr soll durch einen Berliner Imam zum radikalen Islam gekommen sein, berichtet der „Spiegel“unter Berufung auf einen Bruder des Syrers. Im September 2015 habe sich der junge Mann in Syrien dem IS angeschlossen.
Die Verantwortlichen im Leipziger Gefängnis hatten bei al-Bakr keine akute Suizidgefahr gesehen. Der zuständige Minister Gemkow verteidigte am Freitag die Bediensteten: „Es ist lege artis (nach allen Regeln der Kunst) gehandelt worden.“Die Experten in der JVA hätten nicht wirklich gewusst, wen sie vor sich hatten. Sie hätten von den Ergebnissen der Ermittlungen über einen verhinderten islamistischen Anschlag keine Kenntnis gehabt. Im sächsischen Landtag wollen die Abgeordneten des Innen- und des Rechtsausschusses nächste Woche in einer Sondersitzung gemeinsam beraten.
Einblicke in Gefängniszellen in Baden-Württemberg erhalten Sie unter www.schwaebische/zellen