Zwei Sängerinnen, zwei Persönlichkeiten
Elisabeth Kulman und Christiane Karg im Konzert
HOHENEMS - Elisabeth Kulman und Christiane Karg gehören zu den herausragenden Sängerinnen unserer Zeit. Ob auf CD oder wie jüngst live bei der Schubertiade in Hohenems betörte Elisabeth Kulman mit ihrer Ausdruckstiefe in Liedern von Schubert und Liszt und Christiane Karg an der Seite des Schweizer Tenors Mauro Peter in einem herzerwärmenden Volksliederreigen aus der Feder von Brahms.
Die 43-jährige Burgenländerin Elisabeth Kulman hat schon viele Wandlungen durchlaufen: Zunächst studierte sie Sprachen, sang in großen Wiener Chören, nach ihrem Gesangsstudium gestaltete sie die Sopranpartien vor allem der Mozartopern. 2004 wechselte sie ins Mezzosopranfach, hat aber ihre Höhe behalten und die Stimme in die Tiefe hin ausgebaut: Großer Ambitus und intensive Rollengestaltung kommen ihren Interpretationen zugute. Wie kaum eine andere vermag sie mit den Registern zu spielen, der samtigen Tiefe ebenso wie der flammenden Höhe.
Entsprechend breit ist ihr Repertoire im Konzert- und Opernbereich, Neugier auf spezielle Liedprojekte wie etwa die auf CD festgehaltene Zusammenarbeit mit Amarcord Wien und Liedern von Gustav Mahler in wunderschönen Bearbeitungen erweitern ihr Spektrum zusätzlich.
Kampf um Künstlerrechte
Dramatisch und bedrohlich war ein Bühnenunfall vor einiger Zeit, bei dem sie einen heftigen Schlag auf den Kehlkopf bekam und monatelang schweigen musste. Die Stimme hat sich glücklicherweise erholt. Aufmerksamkeit erregte Elisabeth Kulman mit ihrer Initiative für faire Arbeitsbedingungen im Musiktheater. Im vergangenen Jahr hat sie sich entschlossen, nur noch mit Liederabenden, geistlicher Musik oder konzertant dargebotenen Opern aufzutreten: Ein Schritt, der ihren Opern-Fans wehtut, ihrer Stimme und ihrem Charisma jedoch nicht schadet.
Denn auch wenn man der sechs Sprachen, die sie allein in ihrem Liszt-Programm singt, nicht mächtig ist, ist ihre Vielfalt des Ausdrucks faszinierend. Mit ihrem Pianisten Eduard Kutrowatz, Burgenländer auch er und Intendant des Liszt-Festivals in Raiding, hat sie die Lieder von Liszt eingespielt. Die Aufnahme (Liszt, Roots & Routes, Preiser Records PR 91197) überzeugt vonseiten des Pianisten mehr, da sie besser abgemischt ist. Im Livekonzert dagegen ist sein Spiel recht dominant und selbstverliebt, bei Schubert zudem dick und nicht so flexibel wie die Sängerin. Die Position der Sängerin im Rücken des Pianisten und allein in der Mitte der Bühne ist nicht glücklich in Bezug auf die Klangbalance, gibt ihr aber mehr Gestaltungsspielraum.
Ohne Starallüren
Ebenso erhält die Sopranistin Christiane Karg regelmäßig hervorragende Kritiken. Gerade erst erhielt sie für die CD „Scene!“mit Konzertarien einen Echo-Klassikpreis. Die nächste CD mit französischen Orchesterliedern wird im Frühjahr 2017 erscheinen. Die eigene kleine Konzertreihe in der fränkischen Heimatstadt Feuchtwangen hat sich etabliert, Opernengagements in München, Frankfurt oder Paris, Liederabende und Konzertauftritte reihen sich.
Trotzdem zeigt die zierliche Sopranistin keine Starallüren. Darf sie auch nicht bei den Volksliedern, die Brahms gesammelt und bearbeitet hat. Mauro Peter, der Schweizer Tenor mit dem gewinnenden Strahlen in Auge und Stimme, wirbt um sie: Da ist die Sängerin mal stolze Schäferin, dann wieder schwarzbraunes Mägdelein, lebenslustige Tochter oder melancholisch Trauernde. Christiane Karg und Mauro Peter treffen den richtigen Tonfall für ein natürliches, anspielungsreiches, herzinnigliches und trotzdem kitschfreies Schwingen. Garant dafür ist auch Helmut Deutsch, der, obwohl nach einem Sturz schwer im Gesicht lädiert, an den Händen aber heil, den Klavierpart kernig, fantasieund liebevoll gestaltet.