Champagner statt Blut
Psychedelisch und frech: 50 Jahre „Mit Schirm, Charme und Melone“
Sie waren das Traumpaar einer der eigenartigsten Krimiserien der TV-Geschichte: Diana Rigg und Patrick Macnee. In „Mit Schirm, Charme und Melone“entschärften sie Atombomben, kämpften gegen Killer-Roboter. Doch fanden sie stets noch Zeit, bei Champagner miteinander zu flirten. Blut floss selten, dafür umso mehr Champagner. Vor 50 Jahren lief die erste Folge im deutschen Fernsehen.
Die Fälle des stets aufgeräumten Dandys John und der superintelligenten Karatekämpferin Emma begannen stets klassisch mit einem Verbrechen oder unerklärlichen Vorfall. Doch dann kam es faustdick: Ein Schurke mit Zeitmaschine, Verschwörer mit einer unterirdischen Stadt, eine zum Leben erwachte Comicfigur bevölkerten diese Krimireihe.
Der psychedelische TV-Import fand bei verschiedenen deutschen Sendern eine Heimat: Erst beim ZDF, später bei Sat.1 und Arte. Die nach Deutschland gelangten Krimis mit dem Gespann Macnee/Rigg waren das Filetstück der britischen Fernsehserie „The Avengers“, die mit wechselnden weiblichen Helden von 1961 bis 1969 reichte. Nie war das Format so stark und so witzig wie in diesen zwei Staffeln, die entstanden, bis Diana Rigg für einen Bond-Film ausstieg. Andere „Avengers“-Episoden wurden in Deutschland nie gezeigt oder gerieten in Vergessenheit. Die heitere Koketterie eines Eton-Schülers Steed (der Schauspieler Patrick Macnee auch im echten Leben war) zeigte sich immer wieder. Dass er beim Undercover-Einsatz in einer Butlerschule der Klassenprimus war, dürfte keinen Zuschauer verwundert haben. Bis zur letzten Episode siezt sich das Duo und bleibt beim Nachnamen. Very british.
Patrick Macnee sei „ein wahrer Gentleman“gewesen, erinnerte sich Bond-Darsteller Roger Moore (89) an seinen langjährigen Freund, als Macnee 2015 mit 93 Jahren starb. „Niemand trug die Melone mit mehr Stil und Lässigkeit als John Steed“, sagte Fernsehkritiker Oliver Kalkofe (51). Dank Metallboden diente der Hut sogar als Waffe. Hinzu kam der Regenschirm mit einem Degen im Inneren. Schusswaffen benutzten die zwei Helden fast nie. Auch Blut war so gut wie nie sichtbar.
Die Produzenten von „Mit Schirm, Charme und Melone“hatten nie viel Geld zur Verfügung, doch ihre Drehbücher waren exzellent und gespickt mit Wortspielen. Das fing an mit dem Namen der Heldin, einer Verballhornung von „Man Appeal“. Diese Heldin war sexy und jedem Mann gewachsen. Die im Juli 1938 geborene Diana Rigg galt als eine der atemberaubendsten Frauen der 1960er-Jahre. Ihr hautenger Kampfanzug, zuerst aus Leder, dann aus Vinyl oder Stoff, war in jeder Folge ein Hingucker. (dpa)