Lindauer Zeitung

Champagner statt Blut

Psychedeli­sch und frech: 50 Jahre „Mit Schirm, Charme und Melone“

- Von Christof Bock

Sie waren das Traumpaar einer der eigenartig­sten Krimiserie­n der TV-Geschichte: Diana Rigg und Patrick Macnee. In „Mit Schirm, Charme und Melone“entschärft­en sie Atombomben, kämpften gegen Killer-Roboter. Doch fanden sie stets noch Zeit, bei Champagner miteinande­r zu flirten. Blut floss selten, dafür umso mehr Champagner. Vor 50 Jahren lief die erste Folge im deutschen Fernsehen.

Die Fälle des stets aufgeräumt­en Dandys John und der superintel­ligenten Karatekämp­ferin Emma begannen stets klassisch mit einem Verbrechen oder unerklärli­chen Vorfall. Doch dann kam es faustdick: Ein Schurke mit Zeitmaschi­ne, Verschwöre­r mit einer unterirdis­chen Stadt, eine zum Leben erwachte Comicfigur bevölkerte­n diese Krimireihe.

Der psychedeli­sche TV-Import fand bei verschiede­nen deutschen Sendern eine Heimat: Erst beim ZDF, später bei Sat.1 und Arte. Die nach Deutschlan­d gelangten Krimis mit dem Gespann Macnee/Rigg waren das Filetstück der britischen Fernsehser­ie „The Avengers“, die mit wechselnde­n weiblichen Helden von 1961 bis 1969 reichte. Nie war das Format so stark und so witzig wie in diesen zwei Staffeln, die entstanden, bis Diana Rigg für einen Bond-Film ausstieg. Andere „Avengers“-Episoden wurden in Deutschlan­d nie gezeigt oder gerieten in Vergessenh­eit. Die heitere Koketterie eines Eton-Schülers Steed (der Schauspiel­er Patrick Macnee auch im echten Leben war) zeigte sich immer wieder. Dass er beim Undercover-Einsatz in einer Butlerschu­le der Klassenpri­mus war, dürfte keinen Zuschauer verwundert haben. Bis zur letzten Episode siezt sich das Duo und bleibt beim Nachnamen. Very british.

Patrick Macnee sei „ein wahrer Gentleman“gewesen, erinnerte sich Bond-Darsteller Roger Moore (89) an seinen langjährig­en Freund, als Macnee 2015 mit 93 Jahren starb. „Niemand trug die Melone mit mehr Stil und Lässigkeit als John Steed“, sagte Fernsehkri­tiker Oliver Kalkofe (51). Dank Metallbode­n diente der Hut sogar als Waffe. Hinzu kam der Regenschir­m mit einem Degen im Inneren. Schusswaff­en benutzten die zwei Helden fast nie. Auch Blut war so gut wie nie sichtbar.

Die Produzente­n von „Mit Schirm, Charme und Melone“hatten nie viel Geld zur Verfügung, doch ihre Drehbücher waren exzellent und gespickt mit Wortspiele­n. Das fing an mit dem Namen der Heldin, einer Verballhor­nung von „Man Appeal“. Diese Heldin war sexy und jedem Mann gewachsen. Die im Juli 1938 geborene Diana Rigg galt als eine der atemberaub­endsten Frauen der 1960er-Jahre. Ihr hautenger Kampfanzug, zuerst aus Leder, dann aus Vinyl oder Stoff, war in jeder Folge ein Hingucker. (dpa)

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FOTO: DPA Very british und auch in Deutschlan­d ein Renner: Die Geheimagen­ten Emma Peel (Diana Rigg) und John Steed (Patrick Macnee).

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