Organisierte Kriminalität kostet Milliarden
Rauschgifthandel ist Delikt Nummer eins – Rockerkriminalität alarmiert Behörden
WIESBADEN (dpa) - Die Organisierte Kriminalität (OK) verursacht nach Schätzungen der Bundesregierung Schäden in Milliardenhöhe. Die Dunkelziffer in dem Bereich sei sehr hoch und das Schadenspotenzial enorm, sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) am Freitag in Wiesbaden. Nummer eins ist der Rauschgifthandel, es folgen Wohnungseinbrüche und Wirtschaftsdelikte. Die wichtigsten Fragen und Antworten:
Wie definiert die Polizei Organisierte Kriminalität?
Wesentliches Merkmal ist das „Gewinnoder Machtstreben“der Täter. Zudem gehen bei dieser Art der Kriminalität mehr als zwei Beteiligte planmäßig und über eine längere Zeit hinweg arbeitsteilig vor. Ihre Straftaten sind von „erheblicher Bedeutung“. Zusätzlich zu diesen Kriterien muss mindestens ein weiteres von drei speziellen Merkmalen vorliegen, damit die BKA-Experten von Organisierter Kriminalität sprechen. Dies sind die „Verwendung gewerblicher oder geschäftsähnlicher Strukturen“, die „Anwendung von Gewalt oder anderer zur Einschüchterung geeigneter Mittel“oder eine „Einflussnahme auf Politik, Medien, öffentliche Verwaltung, Justiz oder Wirtschaft“.
Welche Veränderungen stellen die Ermittler fest?
Die Organisierte Kriminalität wird immer internationaler. Nach den Worten von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) betrafen die Ermittlungen 2015 mehr als 120 Staaten. Bei vier von fünf OK-Verfahren gab es internationale Bezüge. In vielen Fällen handelt es sich bei den Straftaten nicht um die „klassische Organisierte Kriminalität“, wie BKA-Präsident Holger Münch erklärte. Delikte wie Wohnungseinbrüche oder Ladendiebstähle seien bislang eher als Klein- und Massenkriminalität wahrgenommen worden. Die Polizei beobachtet bei den Banden zudem eine wachsende Professionalität – vor allem, was das Internet angeht. Das Netz werde sowohl für die anonyme Kommunikation als auch für Straftaten genutzt.
Wie wollen die Behörden dagegen vorgehen?
Münch betonte, dass die Ermittler bei der technischen Entwicklung mithalten müssten und das entsprechende Know-how bräuchten. Auch mit der Gesetzeslage ist er nicht ganz zufrieden: Eine Vorratsdatenspeicherung von sechs Monaten wäre seiner Ansicht nach hilfreich. Die Bundesregierung setzt große Hoffnungen in eine neue Behörde, die Entschlüsselungstechniken unter anderem für das BKA entwickeln soll. Die „Zentrale Stelle für Informationstechnik im Sicherheitsbereich“soll 2017 ihre Arbeit aufnehmen.
Wie schätzt das BKA die Entwicklung bei den Rockerclubs ein?
Behördenchef Münch äußerte sich alarmiert. Rockerkriminalität sei eine wesentliche Form der Organisierten Kriminalität in Deutschland und habe einen hohen Verbreitungsgrad. Die abgeschotteten Strukturen der Rockerclubs seien zum „Erfolgsmodell“avanciert. Selbst Kriminelle, die gar kein Motorrad führen, ahmten sie inzwischen nach. Das in den Griff zu bekommen, sei eine große Herausforderung, sagte der BKA-Chef. Vereins- und Kuttenverbote hält er für wirksame Instrumente. Damit könne den Rockern das Drohpotenzial genommen werden. Erst vergangene Woche hatte der gewaltsame Tod von Aygün Mucuk, Chef der Gießener Hells Angels, Sorgen vor Racheakten innerhalb der Szene geschürt.