Lindauer Zeitung

Organisier­te Kriminalit­ät kostet Milliarden

Rauschgift­handel ist Delikt Nummer eins – Rockerkrim­inalität alarmiert Behörden

- Von Andrea Löbbecke und Isabell Scheuplein

WIESBADEN (dpa) - Die Organisier­te Kriminalit­ät (OK) verursacht nach Schätzunge­n der Bundesregi­erung Schäden in Milliarden­höhe. Die Dunkelziff­er in dem Bereich sei sehr hoch und das Schadenspo­tenzial enorm, sagte Bundesinne­nminister Thomas de Maizière (CDU) am Freitag in Wiesbaden. Nummer eins ist der Rauschgift­handel, es folgen Wohnungsei­nbrüche und Wirtschaft­sdelikte. Die wichtigste­n Fragen und Antworten:

Wie definiert die Polizei Organisier­te Kriminalit­ät?

Wesentlich­es Merkmal ist das „Gewinnoder Machtstreb­en“der Täter. Zudem gehen bei dieser Art der Kriminalit­ät mehr als zwei Beteiligte planmäßig und über eine längere Zeit hinweg arbeitstei­lig vor. Ihre Straftaten sind von „erhebliche­r Bedeutung“. Zusätzlich zu diesen Kriterien muss mindestens ein weiteres von drei speziellen Merkmalen vorliegen, damit die BKA-Experten von Organisier­ter Kriminalit­ät sprechen. Dies sind die „Verwendung gewerblich­er oder geschäftsä­hnlicher Strukturen“, die „Anwendung von Gewalt oder anderer zur Einschücht­erung geeigneter Mittel“oder eine „Einflussna­hme auf Politik, Medien, öffentlich­e Verwaltung, Justiz oder Wirtschaft“.

Welche Veränderun­gen stellen die Ermittler fest?

Die Organisier­te Kriminalit­ät wird immer internatio­naler. Nach den Worten von Bundesinne­nminister Thomas de Maizière (CDU) betrafen die Ermittlung­en 2015 mehr als 120 Staaten. Bei vier von fünf OK-Verfahren gab es internatio­nale Bezüge. In vielen Fällen handelt es sich bei den Straftaten nicht um die „klassische Organisier­te Kriminalit­ät“, wie BKA-Präsident Holger Münch erklärte. Delikte wie Wohnungsei­nbrüche oder Ladendiebs­tähle seien bislang eher als Klein- und Massenkrim­inalität wahrgenomm­en worden. Die Polizei beobachtet bei den Banden zudem eine wachsende Profession­alität – vor allem, was das Internet angeht. Das Netz werde sowohl für die anonyme Kommunikat­ion als auch für Straftaten genutzt.

Wie wollen die Behörden dagegen vorgehen?

Münch betonte, dass die Ermittler bei der technische­n Entwicklun­g mithalten müssten und das entspreche­nde Know-how bräuchten. Auch mit der Gesetzesla­ge ist er nicht ganz zufrieden: Eine Vorratsdat­enspeicher­ung von sechs Monaten wäre seiner Ansicht nach hilfreich. Die Bundesregi­erung setzt große Hoffnungen in eine neue Behörde, die Entschlüss­elungstech­niken unter anderem für das BKA entwickeln soll. Die „Zentrale Stelle für Informatio­nstechnik im Sicherheit­sbereich“soll 2017 ihre Arbeit aufnehmen.

Wie schätzt das BKA die Entwicklun­g bei den Rockerclub­s ein?

Behördench­ef Münch äußerte sich alarmiert. Rockerkrim­inalität sei eine wesentlich­e Form der Organisier­ten Kriminalit­ät in Deutschlan­d und habe einen hohen Verbreitun­gsgrad. Die abgeschott­eten Strukturen der Rockerclub­s seien zum „Erfolgsmod­ell“avanciert. Selbst Kriminelle, die gar kein Motorrad führen, ahmten sie inzwischen nach. Das in den Griff zu bekommen, sei eine große Herausford­erung, sagte der BKA-Chef. Vereins- und Kuttenverb­ote hält er für wirksame Instrument­e. Damit könne den Rockern das Drohpotenz­ial genommen werden. Erst vergangene Woche hatte der gewaltsame Tod von Aygün Mucuk, Chef der Gießener Hells Angels, Sorgen vor Racheakten innerhalb der Szene geschürt.

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FOTO: DPA Die abgeschott­eten Strukturen der Rockerclub­s seien zum „Erfolgsmod­ell“avanciert – so BKA-Chef Holger München.

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