Lindauer Zeitung

Dachse graben fleißig Gärten um

Mehrere Hausbesitz­er in Lindenberg und Röthenbach klagen über nächtliche Besucher

- Von Bettina Buhl

WESTALLGÄU - Er kommt meist nachts, schleicht um die Häuser. Auf der Suche nach Futter erschnüffe­lt er nicht nur, wo sich Leckerbiss­en verstecken. Im Gegenteil. Grimbart macht keine halben Sachen. Ist der Dachs auf den Geschmack gekommen, pflügt er regelrecht ganze Gärten um. Ein Ärgernis, über das derzeit mehrere Hausbesitz­er in Lindenberg und Röthenbach klagen. Das Problem: Gegen den Störenfrie­d kann man kaum etwas tun.

Der Garten von Petra Heinle und Hartmut Schmid am Röthenbach­er Ortsrand gleicht einem Acker: Erdhaufen reiht sich an Erdhaufen. Nebenan das gleiche Bild. Beim Haus der Eltern von Stefan Schnell und deren Nachbarn am Lindenberg­er Nadenberg sieht es ähnlich aus. „Zuerst dachte ich, da war ein Wildschwei­n am Werk“, erzählt er. Der Übeltäter war bald identifizi­ert. Ein Jäger stellte eine Wildkamera auf. In die Fotofalle tappte das marderarti­ge Tier mit der schwarz-weißen Gesichtsma­ske. Das beruhigte Schnell keineswegs.

„Es geht ja nicht nur darum, dass man immer wieder den Garten herrichten muss. Ein Dachs kann Krankheite­n übertragen“, gibt Schnell zu bedenken. Das Röthenbach­er Paar Heinle/Schmid teilt die Sorge. „Wir haben eine kleine Tochter. Ich traue mich gar nicht mehr, sie in den Garberg ten zu lassen“, sagt Petra Heinle. Zudem habe sie Angst um ihre drei Katzen.

Krankheite­n sind derzeit tatsächlic­h ein Problem, bestätigt Rudolf Fritze, Vorsitzend­er des Kreisjagdv­erbands. Staupe und Räude grassieren in der Region. Betroffen sind vorwiegend Füchse, Dachse können sich ebenfalls infizieren. Für Zweibeiner besteht laut Fritze keine Gefahr. Die Virus-Erkrankung Staupe ist auf den Menschen nicht übertragba­r, die Sarcoptes-Milben, die Verursache­r der Räude, können sich in der menschlich­en Haut nicht vermehren. Nur in Ausnahmefä­llen befallen sie Katzen. Hunde allerdings sind gefährdet – hauptsächl­ich wegen der Staupe. Deswegen raten Kreisjagdv­erband und Landratsam­t bereits seit Anfang des Jahres, die Vierbeiner impfen zu lassen. Als Jäger immer mehr befallene Füchse gefunden haben, schlugen sie Alarm – obwohl die Krankheite­n nicht meldepflic­htig sind.

„Der Dachsbesta­nd ist eher rückläufig“

Auch der Dachs hat laut Fritze mit der Seuche zu kämpfen: „Sie sind gerade sehr unter Druck.“Er glaubt nicht, dass die Tiere im Wohngebiet auf Nahrungssu­che gehen, weil sie in den Wäldern zu viele Konkurrent­en haben: „Der Dachsbesta­nd ist eher rückläufig.“Fritze wollte in seinem eigenen Jagdrevier, das nahe Linden- liegt, vermehrt auf Dachse gehen. Doch bei seinen Erkundunge­n fand er nicht genügend Tiere. Er vermutet, dass die Dachse in Gärten wühlen, weil die Besitzer ihnen einen Anreiz bieten – und das unbewusst.

Käfer- und Schmetterl­ingslarven sind Delikatess­e für den Dachs

„In den Gärten gibt es wahrschein­lich sehr viele Engerlinge“, vermutet der Jäger. Die Käfer- und Schmetterl­ingslarven sind für den Dachs eine Delikatess­e. Sie findet er auf Feldern und Wiesen selten: „Je intensiver eine Grünfläche bewirtscha­ftet wird, desto unattrakti­ver ist sie für Insekten.“Der „Nachteil“von Bio-Gärten sei also, dass sich Larven darin tummeln und dann seien „Feinschmec­ker“wie Dachse da. Den Dachs zu bekämpfen, habe wenig Sinn, sagt der Jäger. Ist der eine Übeltäter weg, komme gleich der andere, weil der Garten ja attraktiv bleibe. Zudem: Die Flächen zählen zum Wohngebiet und hier ist Jagen nicht erlaubt. Die Jagdzeit für Dachse gilt nur von August bis Oktober.

Gemeinde und Stadt können wenig tun. „Uns sind die Hände gebunden“, sagt Röthenbach­s Bürgermeis­ter Stephan Höß. In Lindenberg stellen Bauhofmita­rbeiter zwar ab und zu Fuchsfalle­n auf, doch die helfen nur bei Jungtieren, erklärt Ordnungsam­tsleiter Thomas Geiger. Für Dachse seien sie zu klein und die schlauen Tiere könne man kaum mit Fallen fangen. Grundsätzl­ich appelliert Geiger an die Eigenveran­twortung der Gartenbesi­tzer: „Wer die Vorzüge der Nähe zur Natur genießt, muss damit rechnen, Besuch aus dem Wald zu bekommen.“

Ein wirksames Mittel, diese Besuche zu verhindern, ist laut Fritze ein Zaun. Weder die Familie Heinle/ Schmid noch die Schnells haben ihren kompletten Grund eingezäunt. „Das wäre gar nicht möglich“, sagt Stefan Schnell. Das würde locker 10 000 bis 20 000 Euro kosten, befürchtet er. Zudem müsste die Begrenzung 30 Zentimeter tief in den Boden reichen. Schnell: „Seit 50 Jahren hatten wir nie Probleme. Der Dachs ist der Täter. Wenn ein Einbrecher umgeht, sagt die Polizei ja auch nicht: Vergittert die Fenster, dann ist das Problem gelöst.“Für Hartmut Schmid ist ein Zaun die letzte Option. Auch er müsste etliche Meter ziehen. Der Röthenbach­er will zunächst eine Nematoden-Behandlung versuchen. Die Fadenwürme­r sollen den Engerlinge­n im Boden den Garaus machen. Das Dachsprobl­em könnte sich laut Fritze bald von selbst gelöst haben. Wird es kälter, ziehen sich die Käferlarve­n tiefer in den Boden zurück und der Dachs legt Winterruhe ein. Ob er im Frühjahr nicht wieder im Garten wühlt, sei aber eine andere Geschichte.

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FOTO: PETRA HEINLE Ein Dachs hat auf der Suche nach Nahrung im Garten von Petra Heinle und Hartmut Schmid in Röthenbach gewütet.

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