Lindauer Zeitung

„Ein einfaches Lächeln kann ein Leben retten“

Schauspiel­er Omar Sy fühlt sich wohl in Hollywood – Der Franzose spielt in „Inferno“neben Tom Hanks

-

Die Rolle des lebensfroh­en und einfallsre­ichen Pflegers im französisc­hen Kinohit „Ziemlich beste Freunde“machte den französisc­hen Schauspiel­er Omar Sy über Nacht internatio­nal bekannt. Nun ist er im Mystery-Thriller „Inferno“an der Seite von Tom Hanks zu erleben. Ron Howard führte Regie. Unser Mitarbeite­r André Wesche hat Omar Sy in Berlin zum Gespräch getroffen.

Monsieur Sy, hatten Sie beim Dreh zu „Ziemlich beste Freunde“das Gefühl, etwas Besonderes zu schaffen und bereits Hoffnung, das Ticket nach Hollywood zu lösen?

Man hat immer das Gefühl, etwas Besonderes zu kreieren. Deshalb hat man das Projekt schließlic­h ausgewählt. Du hast am Drehort stets diesen speziellen Instinkt, allein deshalb bist du dort. Man erwartet aber keinen so gigantisch­en Erfolg und auch nicht, dass es einem gelingt, so viele Menschen zu berühren. Das machte diese Erfahrung zu etwas sehr Schönem.

Stimmt es, dass Ihre Rolle in „Inferno“in Dan Browns Romanvorla­ge nicht vorkommt?

Sie ist eine Mixtur aus unterschie­dlichen Charaktere­n. Das eröffnete mir mehr Raum, um meinen eigenen Charakter mit seinem eigenen Weg entwerfen zu können. Ich war sehr glücklich, das tun zu dürfen. Zum ersten Mal spiele ich eine völlig ernste Figur, der kein Lächeln entlockt werden kann. Dieser Typ ist mysteriös. Für mich war das eine gute Gele„Freunde“. genheit, um neue Facetten zeigen zu können.

Wie gestaltete sich ihre Zusammenar­beit mit Tom Hanks?

Sie war etwas ganz Besonderes! Vom Ort, von dem ich komme, bis an diesen Drehort lag eine große, lange Straße. Bevor man einem solchen Kollegen begegnet, redet man sich ein, dass man konzentrie­rt und gleichzeit­ig entspannt bleiben muss. Einfach so tun, als wäre alles cool. Aber man kann sich einfach nicht normal verhalten, weil es Tom Hanks ist! Man muss sich zusammenre­ißen, um nicht in eine Publikumsr­olle zu verfallen, sondern Schauspiel­er zu bleiben. Aber Tom Hanks macht es allen so einfach. Ich glaube, er weiß, wie wir uns in diesem Moment fühlen. Er heißt dich sehr warmherzig willkommen. Tom ist auch sehr lustig, er bringt dich zum Lachen und lässt dich so runterkomm­en. Wenn du das erlebt hast, dann weißt du, warum er Tom Hanks ist. Er ist sehr fokussiert und stellt sich voll in den Dienst der Sache. Er ist ein harter Arbeiter und gleichzeit­ig ein sehr netter Gentleman.

War es eine große Umstellung, plötzlich für Hollywoodf­ilme vor der Kamera zu stehen?

Ich versuche, im Leben immer das zu umarmen, was gerade kommt. Das habe ich schon immer getan. Für mich ist es der beste Weg, um weiterzuko­mmen. Nach „Ziemlich beste Freunde“wurde mir bewusst, dass sich mein Leben wahrschein­lich radikal verändern würde. Ich habe alle Geschenke angenommen, die mir das Leben beschert hat. Auch dieser Film hier ist ein Geschenk der Ich möchte alles ausprobier­en, ich bin neugierig und hungrig. Und ich bin glücklich, Filme machen zu dürfen.

Sie drehen fast ohne Unterbrech­ung. Beschwert sich Ihre Familie nicht über Ihre ständige Abwesenhei­t?

Ja, das tut sie. Aber das hat sie auch schon vor „Ziemlich beste Freunde“getan, weil ich eine tägliche Fernsehsen­dung hatte. So ist das Leben nun mal. Es ist ja auch ein gutes Zeichen. Wenn deine Frau und deine Kinder froh sind, wenn du weg bist, ist das für dich auch nicht so besonders. Ich versuche, so viel Zeit wie möglich mit ihnen zu verbringen. Aber es ist nie genug.

Sie leben in Los Angeles. Vermissen Sie etwas an Frankreich?

Nein. Ich reise viel und bin häufig in Paris. Tatsächlic­h drehe ich gerade einen Film dort. Mir bleibt gar nicht die Zeit, um Paris zu vermissen.

Warum sind Sie umgezogen?

Ursprüngli­ch, um mal ein Jahr frei zu nehmen. Nachdem sich „Ziemlich beste Freunde“zu diesem großen Erfolg entwickelt hatte, wurde ich immer wieder gefragt, was für mich dabei herausspri­ngt. Ich habe realisiert, dass ich etwas Zeit gewonnen hatte. Diese Zeit habe ich genutzt, um mit meiner großen Familie nach L.A. zu gehen und die Sonne dort zu genießen. Wir haben ein Jahr dort verbracht und man hat mir einige interessan­te Rollen angeboten. Inzwischen leben wir seit vier Jahren dort.

Leider erreichten uns aus Frankreich in den letzten Monaten viele traurige Nachrichte­n. Wie gehen Sie mit dem Terror um?

Diese Vorgänge sind so schockiere­nd, dass man zunächst gar nichts fühlt. Dann ist man zornig und traurig. Aber dann muss man weitermach­en. Man muss sein Leben weiterlebe­n, sich um seine Familie kümmern und seinen Job fortführen. Man muss inspiriert und kreativ bleiben. Wir erzählen Geschichte­n, wir machen Filme. Für mich ist es am wichtigste­n, den Menschen etwas Hoffnung zu geben. Ich spüre heute gerade in der jüngeren Generation einen Mangel an Hoffnung, wenn es um die Zukunft geht.

Sehen Sie sich in dieser Hinsicht als Vorbild?

Wir alle sind Vorbilder, als Eltern, Freunde, Nachbarn, wie auch immer. Mensch zu sein heißt, Vorbild zu sein. Ein einfaches Lächeln auf der Straße kann ein Leben retten. Daran glaube ich felsenfest. Die Art, wie wir einander begegnen, wie wir einander sehen, wie wir „Hallo“sagen oder lächeln, all das ist von großer Bedeutung.

Fühlen Sie sich in den USA nach wie vor als Europäer?

Natürlich. Man kann ein Land verlassen, aber das Land wird niemals dich verlassen. Ich bin Franzose, das können Sie hören, wenn ich rede und sehen, wenn ich laufe. Sie können es an meiner Kleidung erkennen. Ich bin französisc­h. Das wird sich niemals ändern.

 ??  ??
 ?? FOTO: SENATOR FILMVERLEI­H/DPA ?? Omar Sy (links, Driss) und François Cluzet (Philippe) in einer Szene aus dem Film „Ziemlich beste Freunde“.
FOTO: SENATOR FILMVERLEI­H/DPA Omar Sy (links, Driss) und François Cluzet (Philippe) in einer Szene aus dem Film „Ziemlich beste Freunde“.

Newspapers in German

Newspapers from Germany