Matthias Brandt
Kinder berühmter Väter haben es nicht leicht. Der Name ist oft mehr Bürde als Vorteil. Da ist Matthias Brandt keine Ausnahme. Er ist der jüngste Sohn von Willy Brandt, einer legendären Figur der bundesdeutschen Geschichte. Vielleicht dauert es deshalb bisweilen lange, bis eine öffentliche Auseinandersetzung mit dieser Rolle möglich ist. Matthias Brandt, mit Mitte 50 längst ein arrivierter Schauspieler, hat es nun gewagt.
In seinem ersten Buch „Raumpatrouille“blickt er zurück auf seine Kindheit in den späten 1960er-Jahren, als der Vater Bundeskanzler war und die Familie in Bonn lebte, in jenem „zu großen weißen Haus, in dem wir alle uns so leicht verpassten“. Im Mittelpunkt steht nicht die große Politik, sondern Ereignisse, die den Sieben-, Acht- oder Neunjährigen beeindruckten – von der Mondlandung im Fernsehen über das schmerzhafte Scheitern als Fußball-Torwart bis zum Kakaotrinken mit dem etwas senilen Nachbarn, Herrn Lübke.
Matthias Brandt ist ein Meister der Beiläufigkeit, er spielt seine Rollen mit Präzision und leiser Wucht, das zeigt er nicht nur als Kommissar von Meuffels im Münchner Polizeiruf. Diese Haltung lässt er jetzt auch als Schriftsteller erkennen. Eine offene Abrechnung mit dem Vater, der es nie geschafft hat, Interesse und Zuwendung für die Familie und den Sohn aufzubringen, ist das Buch nicht. Da unterscheidet er sich von den Erinnerungen seines älteren Bruders Lars, die vor zehn Jahren erschienen sind.
Der berühmte Vater erscheint als unwichtige Randfigur. Nur am Schluss tritt der große Willy Brandt als Gute-Nacht-Onkel auf. Beiläufiger hätte man den „Alten“wohl nicht vom Thron holen können. Vielleicht war es kein Zufall, dass der Sohn in einer seiner ersten Filmrollen ausgerechnet den Kanzleramtsspion Günter Guillaume verkörperte, dessen Enttarnung damals den Rücktritt des Vaters ausgelöst hatte. Petra Lawrenz